Telefontechnik:Handys auf Speed

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Der Mobilfunk steht mit dem 5G-Standard vor einem Umbruch.

Von Helmut Martin-Jung

Man kennt sie vom oberen Rand des Smartphone-Bildschirms: Kürzel wie E, 3G, 4G oder LTE geben Auskunft, über welche Mobilfunktechnik das Handy mit dem Internet verbunden ist. Bald soll eine weitere dazukommen, 5G. Mit Einführung dieser fünften Generation des Mobilfunks, die 2020 beginnen soll, will Europa Anschluss an Regionen wie die USA oder Südostasien finden, ja sogar Vorreiter spielen. Doch das könnte schwierig werden. Dieser Tage startete zwar ein weiteres Projekt, bei dem mit Förderung der EU Firmen, Universitäten und Behörden bis zum Jahr 2019 ein 5G-Netz aufbauen wollen. Europäische Branchenverbände beklagen aber, dass die EU viel zu zögerlich vorgehe.

Aber was ist eigentlich 5G und warum ist es so wichtig? Es geht vor allem um drei Dinge: Zum einen wächst die Menge an Daten rasend schnell. Alleine in einem Krankenhaus kommen täglich etwa drei Terabyte Daten zusammen, ausgedruckt ergäbe das eine ganze Bibliothek. Damit die mobilen Netze da Schritt halten können, braucht es schnellere Übermittlungswege. Mit 5G lassen sich zumindest theoretisch bis zu zehn Gigabit pro Sekunde übertragen, ein Spielfilm in hoher Auflösung wäre damit in wenigen Sekunden heruntergeladen. Zum anderen werden auch mehr und mehr Geräte miteinander vernetzt, zum sogenannten Internet der Dinge. Weltweit kommen laut der Beratungsfirma Gartner pro Tag 5,5 Millionen dieser Geräte hinzu, vom Computer über Handys bis zu winzigen Sensoren, die etwa die Luftqualität überwachen.

Die bisher eingesetzten Techniken des Mobilfunks können mit solchen Mengen von Geräten jedoch nicht umgehen. Außerdem dauert es auch bei der derzeit fortschrittlichsten Variante, 4G oder LTE genannt, noch immer zu lange, Informationen auszutauschen - zu lange zum Beispiel, damit autonome Autos noch rechtzeitig reagieren könnten.

Längst ist weltweit ein Rennen im Gange, um bei der neuen Technik die Nase vorne zu haben. Europa hat sich zwar vorgenommen, sich nicht wie beim Vorgänger-Standard 4G abhängen zu lassen - in den USA oder in Teilen Asiens ist das 4G-Netz deutlich besser ausgebaut. Doch inzwischen mehren sich die Stimmen, die der EU vorwerfen, nicht genug zu tun. Dabei steht die Telekommunikations-Branche in Europa und besonders in Deutschland unter Druck, denn die 5G-Technik ist auch eine wichtige Voraussetzung für die Vernetzung von Produktion und Lieferketten - Stichwort Industrie 4.0.

Doch die Schwierigkeiten sind gewaltig. So müssen etwa Frequenzen, auf denen die neue Technik funken kann, freigeräumt und unter den europäischen Ländern vereinheitlicht werden. Und die Betreiber mobiler Netzwerke fragen sich, wie sie die Milliarden hereinholen sollen, die sie für den Ausbau der Netze investieren müssen. Sie treibt die Angst um, bloß noch die Leitungen zu liefern, während Anbieter wie Internet-Video- oder Musikdienste das große Geld verdienen.

Weltweit gibt es viele 5G-Pilotprojekte, noch stehen die endgültigen technischen Standards nicht. Einen Vorgeschmack wird es trotzdem schon 2018 geben. Bei den olympischen Winterspielen in Südkorea soll ein 5G-Netz zum Einsatz kommen.

© SZ vom 24.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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