In der Ampelkoalition - und dabei nicht zuletzt auch innerhalb der Kanzlerpartei SPD - gibt es deutliche Unterschiede in der Beurteilung des Tankrabatts. Bundeskanzler Olaf Scholz ließ die umstrittene Maßnahme zur Entlastung der Autofahrer am Montag verteidigen und stellte sich damit auch hinter seinen Finanzminister Christian Lindner (FDP). Einer vorzeitigen Rücknahme oder Veränderung des Tankrabatts erteilte Scholz eine Absage.
Ein Regierungssprecher sagte in Berlin, die Einschätzung des Kanzlers sei, dass der Tankrabatt durchaus teilweise wirke. Es sei nicht so, dass die Steuersenkung nichts gebracht habe. Es sei davon auszugehen, dass die Preise an den Tankstellen deutlich höher wären, wenn es die Steuersenkung nicht gäbe. Damit übernahm Scholz die Argumentation, mit der Lindner zuvor bereits eine Wirksamkeit des Tankrabatts behauptet hatte. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte zwar ebenfalls, die Senkung der Steuer werde "teilweise weitergegeben". Er fügte aber hinzu, das Ausmaß der Entlastung sei "überhaupt nicht befriedigend".
Noch deutlicher äußerte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ihre Kritik, die Mineralölkonzerne gäben die Entlastung nicht weiter. Wie Mineralölkonzerne die gegenwärtige Krise ausnutzten, könne "man nur als schamlos bezeichnen", sagte Esken. Entscheidend sei, "dass solche Maßnahmen, die von allen Steuerzahlern getragen werden, bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen und nicht in der Tasche der Konzerne landen". Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang sagte, die Ölkonzerne nutzten den Krieg in der Ukraine aus, profitierten von höheren Preisen und gäben den vereinbarten Tankrabatt nicht richtig an Autofahrer weiter. Sie machten dadurch "massive Übergewinne".
Auf grundsätzliche Zustimmung stießen Habecks Pläne, das Kartellrecht zu verschärfen. Angesichts anhaltend hoher Spritpreise hatte der Wirtschaftsminister angekündigt, "möglichst schnell" entsprechende Vorschläge vorzulegen. "Wir machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen", sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. Notwendig sei, die Datenerhebung zu verbessern, also auch in die Bücher beteiligter Unternehmen schauen zu können. Allerdings hätte dieses Vorhaben keine unmittelbare Wirkung gegen die hohen Spritpreise. Bundeskanzler Scholz sagte nach einem Treffen mit den Ost-Ministerpräsidenten, es sei mit Blick aufs Kartellrecht "jetzt richtig, dass wir wegen der aktuellen Entwicklung der Preise genau hinschauen". Außerdem müsse man "untersuchen", ob die vorhandenen Instrumente ausreichten. Lindner sagte: "Die Richtung stimmt."
Zum 1. Juni war zur Entlastung der Autofahrer die Energiesteuer auf Benzin und Diesel gesenkt worden. An den Zapfsäulen wurde dies aber kaum spürbar. Am Sonntag kostete ein Liter Super E10 im bundesweiten Durchschnitt 1,952 Euro und Diesel 2,033 Euro, wie der ADAC mitteilte. Am Freitag hatte Super laut ADAC 1,945 und Diesel 2,016 Euro gekostet. Der Spritpreis habe sich deutlich vom Rohölpreis entkoppelt: "Die Steuersenkung landet zum großen Teil bei den Mineralölkonzernen und kommt zu wenig bei den Autofahrern an", sagte ein ADAC-Sprecher.