Brisanter Taiwanbesuch:Bundesforschungsministerin reist nach Taiwan

Brisanter Taiwanbesuch: "Deutschland und Taiwan teilen die gleichen Werte", heißt es in einer Mitteilung aus Bettina Stark-Watzingers Ministerium.

"Deutschland und Taiwan teilen die gleichen Werte", heißt es in einer Mitteilung aus Bettina Stark-Watzingers Ministerium.

(Foto: IMAGO/Jean MW/IMAGO/Future Image)

Stark-Watzingers Reise Anfang nächster Woche ist der erste deutsche Ministerbesuch in dem demokratischen Inselstaat seit einem Vierteljahrhundert. Mit Protesten Chinas wird gerechnet.

Von Kai Strittmatter

Diese Reise hat es in sich: Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) wird von Montag bis Mittwoch kommender Woche Taiwan besuchen. Es ist der erste Besuch eines Mitglieds der deutschen Bundesregierung im Inselstaat Taiwan seit 1997, damals reiste Wirtschaftsminister Günter Rexrodt, ebenfalls von der FDP, nach Taipeh.

Das Forschungsministerium bemüht sich, die Reise vor allem als Arbeitsbesuch bei einem "verlässlichen und vertrauenswürdigen Partner in der Bildungs-, Forschungs- und Digitalpolitik" darzustellen - doch hat der Ministerbesuch im demokratischen Taiwan in einer Zeit wachsender geopolitischer Spannungen zwischen der Volksrepublik China und den Demokratien des Westens mindestens so großen symbolischen Wert. "Deutschland und Taiwan teilen die gleichen Werte", heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums vom Freitag. Beide setzten sich ein für "Frieden, Freiheit und Menschenrechte".

Stark-Watzingers Reise kommt zu einer Zeit, da die Volksrepublik China zunehmend dünnhäutig reagiert auf alle politischen Annäherungsversuche zwischen den Ländern des Westens und Taiwan. Als Nancy Pelosi, die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, im August letzten Jahres die kleine, de facto unabhängige Insel von 23 Millionen Menschen besuchte, da war ebenfalls ein Vierteljahrhundert vergangen, seit ein amerikanischer Politiker von ihrer Bedeutung zuletzt Taiwan besucht hatte. Die KP in Peking tobte, die Volksbefreiungsarmee startete tagelange Manöver in den Gewässern rund um die Insel.

Als eine Gruppe Abgeordneter Taiwan besuchte, protestierte Peking "aufs Schärfste"

Eine solch starke Reaktion erwartet beim Besuch einer deutschen Forschungsministerin keiner. Und doch könnte Stark-Watzingers Reise den Zorn Pekings auf sich ziehen. Schon als eine Gruppe deutscher Bundestagsabgeordneter letzten Oktober Taiwan besuchte, protestierte Peking "aufs Schärfste". Der Besuch stelle eine "schwerwiegende Verletzung der Grundnormen in den internationalen Beziehungen" dar, verkündete Chinas Botschaft in Berlin damals: "Wir erwarten von Deutschland, dass jede Form offizieller Kontakte mit Taiwan unterlassen wird". Mit dem Besuch der Ministerin werden sie stattdessen auf ein neues Niveau gehoben.

Die Ministerin selbst oder der Bundeskanzler haben sich noch nicht geäußert zu der Taiwanreise. In der Bundesregierung wird seit vielen Monaten um eine einheitliche China-Strategie gerungen, FDP und Grüne nehmen dabei bislang eine deutlich kritischere Haltung ein zu den Risiken der deutschen Abhängigkeit von China als das SPD-geführte Kanzleramt unter Olaf Scholz.

Die KP sagt, es gebe nur ein China, und Taiwan sei Teil davon. Jeder Staat, der mit China diplomatische Beziehungen haben und Handel treiben möchte, muss sich demnach zur "Ein-China-Politik" bekennen. Staaten wie die USA oder Deutschland tun das, allerdings ohne sich auf die Pekinger Definition einzulassen, die die Volksrepublik zum Souverän über Taiwan macht. De facto sind China und Taiwan zwei Staaten, seit Mao Zedongs Kommunisten 1949 auf dem Festland den Bürgerkrieg gewonnen haben und sich der Verlierer Chiang Kai-shek mit den Überresten seiner nationalistischen Kuomintang nach Taiwan zurückzog.

Die KP schließt ausdrücklich die Anwendung von Gewalt nicht aus

Die 1949 gegründete Volksrepublik hatte nie Regierungsgewalt über Taiwan. Seit einem halben Jahrhundert aber hat kein chinesischer Führer so sehr die Erwartungen geschürt wie Parteichef Xi Jinping, dass er derjenige sein werde, der noch zu Lebzeiten Taiwan heim ins Reich holt. Ausdrücklich schließt die KP Chinas dabei die Anwendung von Gewalt nicht aus. Seit Beginn des Ukraine-Krieges muss Xi allerdings erleben, dass seine Versuche, Taiwan international zu isolieren, konterkariert werden: In Taipeh geben sich seither Delegationen aus demokratischen Ländern die Klinke in die Hand.

Taiwan hat sich in den vergangenen mehr als drei Jahrzehnten nicht nur in eine lebendige Demokratie verwandelt - das Land hat ein ganz eigenes Wirtschaftswunder erlebt, das dem der Volksrepublik in einigen Bereichen voraus ist: So ist Taiwan weltweit unbestrittene Nummer eins in der Produktion der leistungsfähigsten und kleinsten Halbleiter. Die taiwanische Firma TSMC, der weltweit wichtigste Chiphersteller, plant gerade eine Fabrik in Europa, Berichten zufolge hat Dresden als Standort gute Chancen.

Die Halbleiterforschung und der "Ausbau des deutschen und europäischen Ökosystems für Mikrochips" sollen dann neben grünem Wasserstoff und der Batterieforschung zentrale Themen beim Besuch der Forschungsministerin sein.

Das Forschungsministerium teilt nun mit, die Reise von Stark-Watzinger erfolge "im Rahmen der bestehenden Ein-China-Politik der Europäischen Union sowie der Bundesregierung". Die KP in Peking, das darf man jetzt schon sagen, wird diese Erklärung nicht zufriedenstellen.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungChina
:Xi und wie er die Welt will

Der Staatschef lässt sich vom Volkskongress die dritte Amtszeit geben - und verbirgt nicht, welche Ära zu Ende gehen und welche beginnen soll. Auch mit der Vermittlung zwischen zwei Todfeinden zeigt er, was er anstrebt.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: