100 Tage Bush:Eine Bilanz

Birgit Lutz

Vorurteile über Amerikaner gibt es viele. Die gängigsten: Amerikaner wissen nicht, wo Europa liegt, schauen nur die Regionalnachrichten, halten Amerika für das Zentrum der Welt und sind jederzeit bereit, für ihr Vaterland zum Helden zu werden. Nach den ersten 100 Tagen der Regierung Bush scheint es, als läge selbiger viel daran, all diese Vorurteile zu bestätigen.

100 Tage, in denen Bush weder in der Innen- noch in der Außenpolitik so etwas wie Diplomatie walten ließ und sich wenig um die Meinung anderer kümmerte. 100 Tage, in denen sich die bei den Präsidentschaftswahlen begonnene Lächerlichkeit der Weltmacht Amerika immer weiter verstärkt hat.

Egal, ob die Themen Klimavereinbarung, Spionagezwischenfall mit China, Abtreibung oder Saddam Hussein hießen - als Bushs auffälligste Charaktereigenschaft erwies sich mangelnde Diskussionsbereitschaft und das Auftreten eines Elefanten im Porzellanladen.

Dort, wo Fingerspitzengefühl gefragt war, zeigte Bush übertriebene Härte. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit stieß er in der Abtreibungsdiskussion die gesamte amerikanische Frauenrechtsbewegung vor den Kopf. Nur wenige Tage im Amt schickte er Kampfbomber in den Irak, ohne Vorwarnung und ohne die Nato-Verbündeten zu informieren.

Dort allerdings, wo die Hilfe der USA dringend nötig wäre, wartete man vergeblich auf ein Eingreifen der Amerikaner. Die USA unter Bush interessieren sich weder für die Friedensverhandlungen im Nahen Osten noch für die Verhinderung eines neuen Balkankriegs noch für die Verringerung des Treibhauseffekts.

Angesichts der ersten 100 Bush-Tage fällt es schwer, das Klischee vom Amerikaner, dessen Welt nur aus den USA besteht, nicht für gefährlich real zu halten.

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