Tag der Menschenrechte 2012:Vergessene Verletzungen

Stell dir vor, Menschenrechte werden verletzt und keiner sieht hin: Ist von Todesstrafe, Internetzensur oder Diskriminierung die Rede, stehen stets die gleichen Staaten am Pranger - allen voran China. Doch auch in anderen Ländern kommt es zu Zwangsräumungen, Zensur und der Verhängung der Todesstrafe.

Ein Überblick von Eileen Splitt und Felicitas Kock

1 / 5

Tag der Menschenrechte 2012:Zwangsräumungen

-

Quelle: AFP

Stell dir vor, Menschenrechte werden verletzt und keiner sieht hin: Ist von Todesstrafe, Internetzensur oder Diskriminierung die Rede, stehen stets die gleichen Staaten am Pranger - allen voran China. Doch auch in anderen Ländern kommt es zu Zwangsräumungen, Zensur und der Verhängung der Todesstrafe.

Mit Zwangsräumungen wird in vielen Ländern versucht, Platz für Einkaufszentren, Staudämme oder andere Prestigeprojekte zu schaffen. Meist treffen sie Menschen, die in Armut leben und von der Gesellschaft weitgehend isoliert sind.

In Kambodscha wurden im Jahr 2012 Tausende von Menschen vertrieben, allein eine großangelegte Räumung in der Hauptstadt Phnom Penh machte im Januar etwa 300 Familien obdachlos. Auch in Brasilien mussten etwa 6000 Menschen das Slum Pinheirinho im Bundesstaat Sao Paulo verlassen. Ohne rechtliche Grundlage und ohne Vorankündigung wurden die Hütten der Slum-Bewohner innerhalb weniger Stunden dem Erdboden gleich gemacht.

Doch nicht nur in der Ferne gibt es Zwangsräumungen: In Frankreich und Italien wurden 2012 mehrere Siedlungen der Roma und Sinti mit Gewalt aufgelöst.

Bild: Zwangsräumung eines Slums in Sao Paulo 2009.

2 / 5

Tag der Menschenrechte 2012:Einschränkung der Meinungsfreiheit

Menschenrechte

Quelle: REUTERS

Besondere Aufmerksamkeit erfuhr im Jahr 2012 die Menschenrechtssituation in Aserbaidschan. Das kleine Land am kaspischen Meer lud zum Eurovision Song Contest und viele internationale Medien berichteten über die repressiven Maßnahmen der Regierung in Baku - über inhaftierte Regimekritiker, korrupte Politiker und die drastische Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Nach der Großveranstaltung verflog das internationale Interesse und es passierte genau das, wovor Menschenrechtler zuvor gewarnt hatten: Die Kritiker der Regierung bekamen die volle Härte der Staatsmacht zu spüren. "Es ist tatsächlich so, dass jetzt besonders hart gegen diejenigen vorgegangen wird, die vor dem Wettbewerb protestiert haben", sagt Ferdinand Muggenthaler, Sprecher der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. So seien die Organisatoren der Gruppe "Sing for Democracy" festgenommen und wegen Rowdytums angeklagt worden. Die Gruppe habe die letztendlich siegreiche schwedische Eurovisionsteilnehmerin dazu ermutigt, sich öffentlich zu den Menschenrechtsproblemen in Aserbaidschan zu äußern.

Bild: Die aserbaidschanische Polizei geht im März 2012 gegen Teilnehmer einer regierungskritischen Demonstration vor.

3 / 5

Tag der Menschenrechte 2012:Todesstrafe

-

Quelle: AFP

Geht es um das Thema Todesstrafe, ist meist von den USA oder China die Rede. Dass sie auch Japan noch angewendet wird, wissen die wenigsten. Sieben Menschen wurden hier 2012 hingerichtet. Nach Angaben der Regierung in Tokio sitzen weiterhin etwa 130 Menschen in den Todestrakten japanischer Gefängnisse.

Amnesty International zufolge wurden wurden im Jahr 2011 offiziell mindestens 676 Menschen in 20 Ländern durch die Todesstrafe hingerichtet - ohne China. Peking vollzog Schätzungen zufolge alleine zwischen 1700 und 5000 Todesurteile. Dennoch gibt es Hoffnung: Im Menschenrechtsausschuss der UN-Vollversammlung stimmten im November 107 Staaten für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe, mehr als je zuvor.

Bild: Eine Demonstration gegen die Todesstrafe in Tokio.

4 / 5

Tag der Menschenrechte 2012:Diskriminierung von Homosexuellen

Krawalle nach Umzug von Homosexuellen in Belgrad

Quelle: dpa

Ein Thema, das Menschenrechtsorganisationen im Blick haben, ist die weltweit nach wie vor stark verbreitete Diskriminierung Homosexueller. Als besorgniserregend wurde 2012 ein Gesetzentwurf russischer Abgeordneter eingestuft, der öffentliches Reden über Homosexualität strafbar machen soll. Die Metropole Sankt Petersburg und mehrere andere Städte hatten bereits zuvor Gesetze gegen sogenannte Schwulenpropaganda erlassen. Auch wer über Homo-, Bi- und Transsexualität aufklärt, muss demnach mit einer Geldstrafe rechnen - Kritiker befürchten dadurch vor allem Probleme für die Aids-Vorsorge.

Aufmerksamkeit bekam im Jahr 2012 die Hetze gegen Homosexuelle in Uganda durch den Film "Call me Kuchu". Der zeigt, wie Politiker und Medien in dem Land versuchen, die Todesstrafe für Homosexuelle durchzusetzen. In Uganda wird immer wieder öffentlich zur gezielten Tötung von Schwulen und Lesben, Bi- und Transsexuellen aufgerufen.

Wenig Beachtung findet dagegen die Situation in Serbien. Homosexuelle sehen sich hier immer wieder Anfeindungen ausgesetzt und der Staat unternimmt wenig, um sie zu schützen. Im Oktober verbot die Regierung bereits zum zweiten Mal die Schwulen- und Lesbenparade "Belgrad Pride".

Bild: 2010 war die "Belgrad Pride" noch erlaubt. Es folgten heftige Auseinandersetzungen zwischen schwulenfeindlichen Gegendemonstranten und der Polizei.

5 / 5

Tag der Menschenrechte 2012:Internetzensur

The eye movements of the captive bred Sumatran orangutan 'Tsunami' is monitored on a computer screen at Malaysia's National Zoo in Kuala Lumpur

Quelle: REUTERS

Eingeschränkte Internetzugänge, gesperrte Seiten, inhaftierte Blogger: Je mehr sich die Nutzung des Internets weltweit verbreitet, desto häufiger wird von autoritären Staaten regulierend eingegriffen. So erließ die Regierung der Philippinen im Oktober ein Gesetz, das offiziell Internetkriminalität einschränken soll - gleichzeitig beschneidet es aber die freie Meinungsäußerung im Netz. Bis zu zwölf Jahre Haft drohen demnach Internetnutzern, denen eine Äußerung als Verleumdung ausgelegt wird. Zwar wurde der "Cybercrime Prevention Act" vom Obersten Gericht zunächst wieder ausgesetzt, um die Rechtmäßigkeit der Vorschriften zu prüfen - doch handelt es sich dabei nur um einen Aufschub von 120 Tagen.

Wie viele andere Fälle von Internetzensur blieb die Maßnahme der philippinischen Regierung von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Zu sehr konzentriert sich die internationale Berichterstattung auf Länder wie China, wo laut Reporter ohne Grenzen zurzeit 69 Internetaktivisten im Gefängnis sitzen. Oder auf Syrien, das Ende November zwei Tage lang vollkommen isoliert war: Weder Internet, noch Festnetz, noch Mobilfunkverbindungen funktionierten. Ob für den Ausfall die Regierung oder die Opposition verantwortlich war, ist ungeklärt, beide schieben sich gegenseitig die Schuld zu.

© Süddeutsche.de/thei
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: