Tag der Deutschen Einheit in Dresden:Drängende Fragen an die sächsische Polizei

Lesezeit: 3 Min.

Polizisten stehen vor Demonstranten an der Dresdner Frauenkirche. (Foto: Getty Images)
  • Die sächsische Polizei sieht sich erneut mit Vorwürfen konfrontiert, gegenüber Pegida zu lasch zu agieren.
  • Es geht um einen Polizisten, der Pegida-Demonstranten einen "erfolgreichen Tag" gewünscht hatte.
  • Außerdem tobt eine Debatte, ob eine Versammlung in der Nähe der Dresdner Frauenkirche hätte aufgelöst werden müssen.

Von Antonie Rietzschel

Die Stimme des Polizisten klingt beschwingt, fast schon vergnügt. "So, das war von unserer Seite die Verlesung der Auflagen. Wir wünschen einen erfolgreichen Tag für Sie." Ein Audio-Mitschnitt dokumentiert die verstörende Szene, die sich am Montag bei den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Dresden ereignet hat.

Hunderte Pegida-Demonstranten hatten sich dort versammelt, unter ihnen waren Frisur und Kleidung nach zu urteilen auch Neonazis. Weil die Demonstranten keine Lautsprecheranlage dabei hatten, half der Polizist kurzerhand aus und verlas die Veranstaltungshinweise. Und sprach eben auch den besagten Wunsch aus.

Hat sich die sächsische Polizei damit zum Gehilfen von Pegida gemacht? Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Hagen Husgen sagt nein. "Beamte versuchen auch bei Demonstrationen immer freundlich zu sein", sagt er. Das "erfolgreich" habe sich nicht auf die inhaltlichen Ziele von Pegida bezogen. Der innenpolitische Sprecher der Linken im sächsischen Landtag, Enrico Stange, sieht dagegen einen klaren Verstoß. "Der Beamte hat sich nicht an das Neutralitätsgebot gehalten."

"Widerliches Gebrüll"

So oder so, für den Polizisten gibt es ein Nachspiel. Wie ein Polizeisprecher am Dienstag mitteilte, wird der Mann zu einem Gespräch ins Dresdner Präsidium einbestellt. Wie lang die Untersuchung dauere, dazu wollte die Polizei auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung keine Angaben machen. In dem Gespräch, das Polizeipräsident Horst Kretzschmar führen wird, solle deutlich gemacht werden, "wo der Fehler lag" und welche Auswirkungen dies für die sächsische Polizei habe. Der betroffene Beamte kommt offenbar gar nicht aus Sachsen, sondern wurde für den Einsatz aus einem anderen Bundesland angefordert

Doch auch abgesehen von diesem Zwischenfall wirft die Taktik der Polizei Fragen auf. Da war schließlich noch die Störaktion der Pegidisten vor der Frauenkirche. Elisabeth Ehninger vom Dresdner Verein Place to be erinnert sich mit Schrecken an den Moment, als sie nach dem Gottesdienst aus der Kirche trat. "Wir hatten noch die Orgelklänge im Ohr und plötzlich geht die Tür auf und dieses widerliche Gebrüll hebt an. Da wurden schreckliche Sachen gerufen, die ich gar nicht wiederholen will". Ehninger fühlte sich bedroht, trotz der Absperrung, hinter der die Demonstranten standen.

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"Warum wurde die Versammlung nicht aufgelöst? Das fragt sich Ehninger, das fragen sich auch viele andere. Die Polizei erklärt ähnlich wie Gewerschaftschef Husgen , sie sehe die "verbalen Äußerungen als Form der Meinungsfreiheit". Gemeinsam mit der Stadt habe man entschieden, nicht einzugreifen. Und das Plakat mit dem Goebbels-Zitat? Habe man schlicht übersehen. Für Unverständnis sorgt zudem, dass linke Aktivisten im Gegensatz zu Pegida am Tag der Einheitsfeier vielerorts nicht demonstrieren durften: Am Hauptbahnhof drängte die Polizei AfD-Gegner ab, an anderen Stellen kesselte sie linke Demonstranten ein.

Die Liste der Vorwürfe ist lang

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die sächsische Polizei den Vorwurf gefallen lassen muss, sie messe mit zweierlei Maß: Lasch gegenüber rechten, eher harsch gegenüber linken Demonstranten und Flüchtlingen. Eine Übersicht:

Kritiker vermuten hinter der Haltung der Polizei politische Motive. Martin Dulig, SPD-Politiker und stellvertretender Minsterpräsident in Sachsen, warf der Landespolizei in einem Interview vor, mit Pegida zu sympathisieren. Schließlich stellte er sich in einer Gesprächsrunde den aufgebrachten Polizisten.

An der Grenze der Belastbarkeit

Linken-Politiker Stange sieht es nicht so drastisch. "Die Polizei ist auch ein Spiegel der Gesellschaft - und sie werden da auch immer Beamte haben, die einer rechten Ideologie nahe stehen", sagt er. Das seien aber Einzelfälle, sie stünden nicht für die gesamte sächsische Polizei. Hinzu kämen Polizisten, die ideologisch instabil seien. Stange fordert den Ausbau der politischen Bildung für Beamte. Bisher gibt es die nur während der Ausbildung.

Auch Polizeigewerkschaftschef Husgen wünscht sich mehr Weiterbildungsangebote. "Hinsichtlich Pegida und dem Zuzug von Flüchtlingen ergeben sich viele Themen, die für die Beamten im Dienst relevant sind", sagt Husgen. Allerdings habe man die politische Bildung bei der sächsischen Polizei vernachlässigen müssen. "Es gibt dafür keine Kapazitäten."

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