Tadschikistan:Amtsjahre 29 bis 35

In Duschanbe kandidiert Präsident Emomali Rachmon für eine weitere siebenjährige Amtszeit. Doch die Zeiten sind für ihn durch die Corona-Pandemie detulich schwieriger geworden.

Von Frank Nienhuysen

Der Präsident hat alles im Griff. Mit beiden Händen hält er eine riesige Wassermelone vor der Brust, er steht auf einem grünen Feld, trägt Sakko und einen Hut. Auf einem anderen Foto schnippelt er mit dem Messer Grünzeug klein, das er für einen Plow braucht, ein zentralasiatisches Reisgericht. Es ist Wahlkampf, da legen Präsidenten und andere Kandidaten besonders Wert darauf, eine Verbundenheit mit der Bevölkerung zu zeigen. Es gibt niemanden, der das so lange weiß wie Emomali Rachmon, 67, der Staatschef von Tadschikistan.

Vor Wahl in Tadschikistan

Alle sieben Jahre wieder: Schon bei der Wahl 2013 ließ Emomali Rachmon keinen Zweifel daran, dass nur er als Präsident infrage kommt.

(Foto: Ulf Mauder/dpa)

Russlands Präsident Wladimir Putin kommt auf 20 Jahre an der Macht, in Belarus stemmt sich gerade Alexander Lukaschenko nach 26 Jahren mit allen Mitteln gegen den Willen der Bevölkerung, ihn abzulösen. Aber als Putin und Lukaschenko Kreml und Präsidentenpalast bezogen, war Rachmon in seinem Land längst Machthaber. Sollte er an diesem Sonntag bei der Wahl gewinnen und seine Amtszeit um sieben Jahre verlängern, käme er auf 35 Jahre Gesamtherrschaft. Zweifel daran gibt es keine. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat noch nie bestätigt, dass die Wahlen in Tadschikistan internationalen Standards freier und demokratischer Abstimmungen entsprochen hätten.

Vier Gegenkandidaten hat die Wahlkommission zur optischen Auflockerung für Sonntag zugelassen, von denen allerdings keiner wirklich gegen Rachmon opponiert. Die einzige kritische Gegenpartei, die Sozialdemokraten, boykottieren die Abstimmung. Und die Partei der Islamischen Wiedergeburt, die nach dem Bürgerkrieg in den Neunzigerjahren lange per Gesetz zur Regierung gehört hatte, ist 2015 als "terroristische Organisation" verboten worden. Ihre Anführer sind im Gefängnis.

Tadschikistan: 28 Jahre im Amt: Emomali Rachmon.

28 Jahre im Amt: Emomali Rachmon.

(Foto: AP)

Viele Experten hatten zunächst erwartet, dass Rachmons Sohn Rustam auf familiendynastische Art die Nachfolge antreten werde. In einer Verfassungsänderung wurde das Mindestalter für das Präsidentenamt von 35 auf 30 herabgesetzt, damit käme der junge Sohn, Bürgermeister der Hauptstadt Duschanbe, in Frage. Doch daraus ist zunächst nichts geworden. Stattdessen berichtete die auf Zentralasien spezialisierte Nachrichtenplattform eurasianet.org von einem jungen Anwalt, der das neue Mindestalter ausnutzen wollte. Als der Mann namens Faromuz Irgaschew seinen Willen zur Kandidatur bekannt gab und Rachmons autoritäre Herrschaft sowie die Korruption im Lande kritisierte, hätten ihn Bekannte gewarnt, dies sei politischer Selbstmord. Er wurde nicht zugelassen, weil die Frist zur Registrierung abgelaufen sei und er noch nicht genügend Unterschriften zusammen hätte, hieß es zur Begründung.

Für Machthaber Rachmon sind die Zeiten trotzdem deutlich schwieriger geworden. Die Corona-Pandemie hat das ohnehin ärmliche Land schwer getroffen. Anders als Kasachstan und Usbekistan verfügt das gebirgige Tadschikistan nicht über eine große Menge an Rohstoffen. Es wird geschätzt, dass etwa eine Million Tadschiken ihr Geld in Russland verdienen. Allerdings sind auch die Arbeitsplätze in Russland wegen der Pandemie knapp geworden, viele Tadschiken sind deshalb in ihre Heimat zurückgekehrt, wo jedoch auch kaum Jobs frei sind. Nach einem Bericht von Asia Plus hat Duschanbe deshalb China um einen Schuldenerlass gebeten. Soziale Spannungen könnten also wachsen und die Proteststimmung steigen. Doch eine Wucht wie in Belarus erwartet niemand.

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