Tabakwerbung:Starker Tobak

Es ist beschämend: Kein anderes EU-Land geht so schonend mit einer Industrie um, die mit ihren Produkten die Gesundheit der Konsumenten gefährdet. Kanzlerin Merkel kündigt nun ein Verbot der Tabakwerbung noch in diesem Jahr an. Ob sie sich wirklich durchsetzen kann?

Von Markus Balser

Kann eine Regierung über viele Jahre Politik wider besseres Wissen machen? Der Streit um ein Werbeverbot für Tabak ist ein besonders beschämendes Beispiel dafür. Dass durch den Anblick von Plakaten mit Tabakwerbung die Wahrscheinlichkeit deutlich steigt, dass Minderjährige mit dem Rauchen beginnen, ist seit Langem wissenschaftlich erwiesen. Dennoch bekommen Kinder und Jugendliche auf ihrem Schulweg in Deutschland noch immer Zigarettenwerbung zu sehen.

Überraschend kündigte Kanzlerin Angela Merkel am Mittwoch im Bundestag nun ein Verbot noch in diesem Jahr an - zumindest, wenn es nach ihr gehe. Das Raunen war selbst in der eigenen Fraktion groß. Dabei wäre das nur ein überfälliger Schritt nach Jahren der Untätigkeit.

Kein anderes EU-Land reguliert Tabakwerbung bislang so lax wie die Bundesrepublik. Nur in Deutschland dürfen Zigarettenkonzerne ihre gesundheitsgefährdenden Produkte noch auf Plakaten und Litfaßsäulen anpreisen. Dabei hatte sich Deutschland schon 2004 auf ein Verbot bis 2010 verpflichtet. Doch noch 2016 scheiterte ein neuer Anlauf für ein Verbot am Widerstand in der Union, deren Parteitage die Tabakindustrie so gerne sponsort. Ein weiteres Einknicken beim wichtigen Gesundheitsthema kann sich die Koalition nicht leisten.

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