Tabaksteuer:Geld, das sich in Rauch auflöst

Eine Erhöhung der Tabaksteuer führt nicht immer zu mehr Einnahmen für den Staat: Auch wenn eine Schachtel Zigaretten bald mehr als fünf Euro kosten wird - der illegale Handel könnte blühen wie nie zuvor.

Thomas Öchsner

Sie taugt als Stoff für eine unendliche Geschichte, die Tabaksteuer: Im September 2001 kündigte der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) an, diese Steuer zu erhöhen, um mit den Mehreinnahmen die Bundeswehr im Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen. "Rauchen gegen Osama bin Laden", witzelten damals Kabarettisten. Ihre neue Pointe könnte lauten: Qualmen, damit die Fabrikschlote weiterrauchen dürfen.

Bürgerschaft entscheidet über Nichtraucherschutz

Qualmen, damit die Fabrikschlote weiterrauchen dürfen: Die Tabaksteuer ist auch für die schwarz-gelbe Regierung eine stetig sprudelnde Geldquelle.

(Foto: ag.dpa)

Achtmal haben in den vergangenen zehn Jahren verschiedene Regierungen die Tabaksteuer erhöht. Nun hat sie auch die konservativ-liberale Koalition als stetig sprudelnde Geldquelle entdeckt. Diesmal sollen Raucher schrittweise bis 2015 mehr zahlen, um Steuervereinfachungen zu finanzieren und energieintensive Betriebe bei der Ökosteuer weniger stark zu belasten. Eine Schachtel Zigaretten könnte dadurch statt jetzt 4,70 Euro im Endeffekt 5,20 Euro kosten, weil Zigarettenpreise traditionell in Schritten von zehn Cent steigen.

Noch stärker soll der Fiskus Selbstdreher, Zigarrenfreunde und Pfeifenraucher zur Kasse bitten. Ob der Staat tatsächlich im gewünschten Maße mehr Geld einnehmen wird, ist jedoch ungewiss. Bei der Tabaksteuer kommt es oft anders, als man denkt.

Die Raucher gehören, was vermutlich nur sie selbst beklagen, zu den Zahlmeistern der Nation: 13,2 Milliarden Euro dürften sie in diesem Jahr in die Kasse des Bundes inhalieren, das erwartet zumindest das Bundesfinanzministerium. Die Einnahmen sind damit zwar leicht rückläufig, trotzdem gehört die Tabaksteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen des Staates, noch vor dem Solidaritätszuschlag.

Bei einer Schachtel mit 19 Zigaretten zum Preis von 4,70 Euro fallen nach Angaben des Deutschen Zigarettenverbands rund 2,70 Euro für den Fiskus an. Nur bei der Mineralölsteuer, heute Energiesteuer genannt, bleibt unterm Strich mehr beim Bund hängen.

Fünf Erhöhungen in vier Jahren

Eine höhere Tabaksteuer hat allerdings nicht immer zu Mehreinnahmen für den Staat geführt. Allein von 2002 bis 2005 wurde die Tabaksteuer fünfmal erhöht, nicht nur zur Anti-Terror-Bekämpfung, sondern auch für Teile der Gesundheitsreform. Doch die Erwartungen der Politiker erfüllten sich nicht. Die Einnahmen sanken erst, stiegen dann wieder. Seit 2007 sind sie stetig rückläufig. Wenn's um ihr Geld geht, werden Raucher zu sparsameren Menschen.

Besonders beliebt ist der illegale Konsum. Wer eine Packung Zigaretten pro Tag raucht und dabei nur zu Schmuggelware greift, betrügt den Fiskus jährlich um etwa 800 Euro. Nach einer Studie des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) im Auftrag der Zigarettenbranche ist der Anteil der nicht versteuerten Zigaretten in den letzten Jahren von 16 auf 20 Prozent gestiegen. 2008 wurden demnach etwa 23 Milliarden Glimmstengel geraucht, die in Deutschland nicht versteuert wurden.

Vor allem in Ostdeutschland blüht der illegale Zigarettenhandel. In einigen Grenzgebieten liegt dessen Marktanteil bei bis zu 60 Prozent. Die Gewinnspanne ist mit schätzungsweise 900 Prozent ähnlich hoch wie beim Rauschgifthandel - das Risiko aufzufliegen ist demgegenüber sehr gering, denn die Aufklärungsquote liegt bei nur fünf Prozent. Der Gesamtschaden ist riesig. Das HWWI schätzt, dass dem Staat durch den Konsum der Schmuggelware jährlich vier Milliarden Euro entgehen.

Das Fatale dabei ist ein offenbar sich selbst verstärkender Effekt: "Je höher der Anteil der illegalen Zigaretten, desto eher wird der Konsum akzeptiert", heißt es in der Studie der Wirtschaftsforscher. Höhere Tabaksteuern, kombiniert mit Rauchverboten und neuen Nichtraucherschutzgesetzen, haben aber auch positive Folgen: Die Zahl der Raucher sinkt seit Jahren, wenigstens ein bisschen. Nur noch gut ein Viertel der Bevölkerung greift dem Statistischen Bundesamt zufolge regelmäßig zur Zigarette.

Zigaretten stinken - das Geld aus der Tabaksteuer nicht

Diejenigen, die nicht zu Nichtrauchern werden, weichen dagegen häufig auf günstigere Tabakprodukte aus. Ob mit oder ohne Filter, sie drehen selbst. Das ist nicht gesünder, aber auf jeden Fall billiger. Genau hier setzt das Konzept der Koalition an. Danach soll von Mai 2011 an nicht nur die Packung mit 19 Zigaretten um vier bis acht Cent teurer werden, sodass bis 2015 die Packung aufgerundet bis zu 50 Cent mehr kosten könnte.

Auch bei losem Tabak (Feinschnitt) soll der Fiskus härter zugreifen: Bei einer 40-Gramm-Packung sind es pro Jahr etwa 12 bis 14 Cent - insgesamt also ein Steueraufschlag von bis zu 70 Cent.

Bei den sogenannten ECO-Zigarillos wird der Staat ebenfalls künftig mehr kassieren; hier plant das Bundesfinanzministerium einen Aufschlag von bis zu 40 Cent im ersten Schritt und danach einen um weitere 15 Cent, jeweils bei einer Packung mit 17 Stück. Die Mehreinnahmen dürften dabei langsam steigen: 2011 ist mit einem Plus von 200 Millionen Euro geplant. Bis 2015 soll sich der Betrag auf eine Milliarde Euro erhöhen.

Treffen wird dies vor allem die Bürger, die ohnehin nicht viel Geld haben. Der finanzpolitische Sprecher der Union, Leo Dautzenberg, ("Das passt jetzt nicht in die Zeit") warnte vergeblich. Denn noch hat für alle Regierungen der Grundsatz gegolten: Zigaretten stinken, doch das Geld aus der Tabaksteuer stinkt nicht.

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