Süddeutsche Zeitung

Steuerschätzung:Es gibt mehr Geld für Jamaika

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Von Cerstin Gammelin und Markus Balser, Berlin

Ein mögliches schwarz-gelb-grünes Regierungsbündnis wird 30 Milliarden Euro für zusätzliche Ausgaben zur Verfügung haben. Das geht aus den Daten der Steuerschätzer hervor, die der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier (CDU) am Donnerstag in Berlin vorstellte. Danach kann der Bund in den nächsten vier Jahren mit 15 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen rechnen. Hinzu kommen knapp 15 Milliarden Euro an nicht verplanten Mitteln. Altmaier sagte, "diesen Rahmen kann man nutzen, ohne ungebührliche Risiken einzugehen". Die finanzielle Lage Deutschlands sei gut, sie habe sich auch gegenüber der letzten Steuerschätzung im Mai weiter verbessert. Er sagte allerdings auch: "Aber die Bäume wachsen nicht in den Himmel".

Neben dem Bund können auch Länder und Gemeinden in den nächsten Jahren mit steigenden Steuereinnahmen rechnen. Die Steuerschätzer prognostizieren, dass die gesamtstaatlichen Einnahmen von etwa 734 Milliarden Euro in diesem Jahr auf knapp 890 Milliarden Euro im Jahr 2022 steigen werden. Insbesondere Länder und Gemeinden profitieren von den Zuwächsen. Grundlage für die Schätzungen sind die aktuellen gesamtwirtschaftlichen Voraussagen, die von einem stabilen Wirtschaftswachstum und weiteren Lohnsteigerungen ausgehen.

Altmaier betonte, die Finanzplanung sei "konservativ" angelegt. Deutschland gelte als "Stabilitätsanker in Europa", dieses Vertrauen solle erhalten bleiben. Im Haushalt seien Reserven vorgehalten für zusätzliche Verpflichtungen, die sich aus dem Brexit oder der Verkehrswende ergeben könnten. Eine Jamaika-Koalition habe zwar finanzielle Spielräume, aber nicht alle Wünsche seien erfüllbar. Er ließ offen, inwieweit der Soli-Zuschlag gestrichen und die Einkommensteuer gesenkt werden könnte.

In den Sondierungen gab es inzwischen Fortschritte, auch bei den umstrittenen Verkehrsthemen. Die Fachgruppe, an der unter anderem CSU-Landesgruppenchef und Ex-Minister Alexander Dobrindt, Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter und der FDP-Wirtschaftsexperte Volker Wissing teilnahmen, einigte sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung im Kern überraschend auf ein Paket für mehr Klima- und Umweltschutz im Verkehr. So sollen besonders schmutzige Dieselautos eine Hardware-Nachrüstung bekommen, die teilweise von der Industrie finanziert wird. Vereinbart sei auch eine auf bis zu 6000 Euro steigende E-Auto-Prämie. Sie soll den Einstieg in die Elektromobilität beschleunigen. Gegen die Luftverschmutzung in Städten soll ein Gesetz helfen: Die Sondierer planen, Taxiunternehmer bei Neuwagen zum Umstieg auf E-Autos zu zwingen. Die Vorschläge müssen noch von der großen Runde beschlossen werden.

Umstritten ist die Zukunft der Pkw-Maut. Grüne und FDP lehnen das CSU-Prestigeprojekt in der bisherigen Form ab. Dagegen wollen die Grünen das sogenannte Dienstwagenprivileg streichen, das große Autos entlastet - die Union ist dagegen. Gerungen wird auch über eine Reform der Kfz-Steuer, nach der emissionsarme Fahrzeuge billiger werden sollen.

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Quelle:
SZ vom 10.11.2017
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