Süddeutsche Zeitung

SZ-Wahlzentrale:Bundesrat billigt Ehe für alle

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Von Matthias Drobinski, München

Der Weg für die Ehe für alle ist frei. Der Bundesrat hat die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben gebilligt. Zuvor war die bereits vom Bundestag vor einer Woche beschlossen worden. Künftig können homosexuelle Paare heiraten wie Mann und Frau und auch gemeinsam Kinder adoptieren, was ihnen als eingetragene Lebenspartner bisher verwehrt ist. Das Gesetz kommt aus dem Bundesrat und hatte dort schon zweimal eine Mehrheit gefunden. Im Bundestag war es aber bis vergangene Woche am Widerstand der Union und der Koalitionsdisziplin der SPD gescheitert.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer von der SPD zeigte sich erfreut, "dass unser beharrlicher Kampf Erfolg hat". Rheinland-Pfalz hatte den nunmehr beschlossenen Gesetzentwurf zweimal, 2013 und 2015, dem Bundesrat vorgelegt und jeweils eine Mehrheit gefunden. Er scheiterte aber an den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag. Dreyer sagte, es sei selten, dass eine Initiative aus dem Bundesrat unverändert zum Gesetz werde.

Der baden-württembergische Grünen-Ministerpräsident und bekennende Katholik Winfried Kretschmann wandte sich an die Kirchen und sagte, sie hätten das Recht, die Ehe anders zu verstehen als der Staat. Doch gelte dieses Recht nur für die kirchlich geschlossene Ehe. Für den Gesetzgeber gehe es "um die Ehe auf dem Standesamt". Deren Verständnis habe sich gewandelt.

Der neue schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther von der CDU sprach sich klar für die Ehe für alle aus und sagte, die Entscheidungen im Bundestag und Bundesrat seien so ausgefallen, wie die Bevölkerung entscheiden würde. Auch er als Katholik sei für Vielfalt und die rechtliche Gleichstellung verschiedener Lebensformen. Dazu gehöre das volle Adoptionsrecht für homosexuelle Paare. Günther reagiert in Kiel mit einer Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen.

Der bayerische Justizminister Winfried Bauback von der CSU kritisierte das "überraschende und eilige Verfahren" im Bundestag als unwürdig. Es werde der Sache nicht gerecht. Er bekräftigte die Ablehnung der Ehe für alle durch die bayerische Landesregierung und kündigte eine verfassungsrechtliche Prüfung des Gesetzes an. Nach Ansicht Bayerns und Teilen der Union ist für die Öffnung der Ehe eine Grundgesetzänderung notwendig.

Justizminister Maas hält Gesetz für verfassungskonform

Konservative Katholiken drängen die Staatsregierung in Bayern per Online-Petition, eine Normenkontrollklage noch vor der Bundestagswahl am 24. September einzureichen; diese Hoffnung dürfte Marcel Hubers Aussage dämpfen, es gelte, "komplexe juristische Fragen" zu prüfen, auch mithilfe von Experten außerhalb der Landesregierung.

Auch die katholischen Bischöfe hoffen nun auf eine Normenkontrollklage in Karlsruhe. Der Münchner Kardinal und Bischofskonferenzvorsitzende Reinhard Marx sagte, er hoffe, "dass diese Debatte nicht zu Ende ist, sondern dass das Thema beim Bundesverfassungsgericht weiter erörtert werden kann". Der Staat müsse auch weiterhin die Ehe als Verbindung von Mann und Frau "schützen und fördern". Die katholische Kirche müsse, wenn sie sich politisch äußere, auch Haltungen vertreten, die "dem Zeitgeist widersprechen".

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) versicherte dagegen , er halte das Gesetz für verfassungskonform. "Der Ehe-Begriff ist entwicklungsoffen. Weil er sich gewandelt hat und die Ehe heute die dauerhafte Lebensgemeinschaft zweier Menschen beliebigen Geschlechts ist, brauchen wir keine Änderung des Grundgesetzes", schreibt er in einem Beitrag für die Tageszeitung Die Welt. "Nirgendwo im Grundgesetz steht, dass nur Mann und Frau eine Ehe miteinander eingehen können."

Einzelne Standesämter registrierten derweil ein gestiegenes Interesse lesbischer und schwuler Paare an der Ehe. In der Stuttgarter Innenstadt seien in einer Woche 15 bis 20 Anfragen eingegangen, heißt es beim Fachverband der Standesbeamten in Baden-Württemberg. In anderen Regionen gebe es allerdings keinen spürbaren Anstieg der Anfragen. Insgesamt sei der Run nicht so groß wie vermutet.

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SZ vom 07.07.2017/epd
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