SZ-Serie: Der Weg nach Berlin:Wasser pur

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Nach den Feierlichkeiten der Weihnachtstage erwarten Alexander Radwan von der CSU nun Neujahrsempfänge im Akkord. Von der CSU Seefeld zum Ortsverein Tutzing, weiter nach Miesbach und immer wieder Weißwürste, Brezen, Buffet, Bier, Prosecco. Auf kreative Hilfe durch den Alkohol verzichtet der Abgeordnete zwar, seine Reden hält er trotzdem ohne Skript.

Von Ulrike Heidenreich

Politiker "sind doch alle gleich", lautet das Pauschalurteil vieler Deutscher. Sind sie nicht. Die Süddeutsche Zeitung begleitet bis zur Bundestagswahl 2013 sieben Menschen aus sieben Parteien auf ihrem Weg in die Politik - Fehler, Rückschläge und Niederlagen inklusive.

Alexander Radwan hat in dieser in Bayern sogenannten staaden Zeit wirklich viel um die Ohren. In seiner Partei, der CSU, ist zwar mit Ach und Krach so etwas wie ein Weihnachtsfriede eingekehrt; was heißen soll, dass der Ministerpräsident Seehofer nicht mehr so gemein über den Finanzminister Söder lästern will und umgekehrt. Doch die Wogen des Unmuts schwappen immer noch sachte bis an die Ufer des Tegernsees, wo der Abgeordnete Radwan daheim ist. Vor oder nach der Christmette und den vielen Andachten - immer wieder waren die Fein- und Grobheiten des menschlichen Miteinanders in der bayerischen Staatskanzlei ein gewichtiges Erörterungsthema. Mittendrin Alexander Radwan, der sich aber stets zurückhaltend gibt und sagt: "Ich arbeite mich lieber an Themen ab als an Menschen. Ich schätze die positive Seite des Streitens."

Der Ministerpräsident, so stur er mitunter wirken mag, ist in der Weihnachtszeit richtig leutselig geworden, fast schon anhänglich. Alexander Radwan berichtet, dass Seehofer zum zweiten Mal in Folge beim feierlichen Gedenken an die Sendlinger Mordweihnacht in Waakirchen im Landkreis Miesbach erschienen sei. Das hat bisher noch kein Ministerpräsident gemacht. Franz Josef Strauß hatte einst die Devise ausgegeben, dass alle zwei Jahre genug sei, und Edmund Stoiber hatte sich daran gehalten. Die Gebirgsschützen in ihrer opulenten Montur staunten ob der Dauerpräsenz ihres Schutzherren, Radwan mit seinem Stopselhut war wieder mittendrin.

Diese Gedenkveranstaltung von Bayerns Gebirgsschützen ist für den ehemaligen CSU-Europaabgeordneten, aktuellen Landtagsabgeordneten und Bundestagskandidaten Radwan etwas sehr Besonderes, fast Magisches im Jahresablauf. "Ohne das kann ich mir die Weihnachtszeit nicht vorstellen." Erinnert wird sehr feierlich an die Bauern und Handwerker, die sich 1705 gegen die österreichischen Besatzer erhoben, mehr als 1200 von ihnen starben dabei. "Für mich als überzeugten Europäer schwingt hier eine Mahnung mit. Wir müssen mit anderen Völkern in Frieden leben und gleichzeitig unsere Identität und das bayerische Selbstverständnis wahren", sagt der 48-Jährige.

Die Bewahrung der Regionalität, der Status eines starken Bayerns - das ist für Radwan etwas sehr Wesentliches. So hat er als ausgewiesener Experte in seiner Partei gerade intensiv am Grundsatzpapier zur Europapolitik mitgearbeitet, das bei der traditionellen CSU-Klausur in Wildbad Kreuth beschlossen werden soll. Es sieht unter anderem die radikale Verkleinerung der EU-Kommission vor und wird bei manchem Europäer in Brüssel und Straßburg wenig Begeisterung hervorrufen, Weihnachtsfriede hin oder her.

Das Papier hat viel Arbeit gemacht, es ist aber nichts gegen das, was Herrn Radwan nach Silvester erwartet: Dutzende Einladungen zu Neujahrsempfängen sind in seinem Abgeordnetenbüro in Rottach-Egern eingetroffen, manchmal bis zu vier an einem einzigen Tag. Wie das gehen soll von der CSU Seefeld zum Ortsverein Tutzing und weiter zum Stadtempfang Miesbach, immer Weißwürste, Brezen, Buffet, Bier, Prosecco, im Rekordtempo? Alexander Radwan lacht dann und sagt: "Gegen einen schönen Rotwein und ein frisches Bier habe ich gar nichts. Aber bei diesen Gelegenheiten bleibe ich strikt beim Wasser, ich konsumiere da nicht so wie andere Kollegen." Oft ist Radwan Ehrengast, wird um eine Rede gebeten. "Ich habe nie ein ausformuliertes Papier, nur Stichpunkte und richte mich spontan nach den Gästen." Anstrengend findet er den Job als Neujahrsempfangsvorzeigekandidat nicht. Er schätze das "nützliche Feedback", sagt Radwan, "das gehört einfach zu meiner Job-Beschreibung"

© SZ vom 29.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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