SZ-Serie "Der Weg nach Berlin":Lehrgang in der Sozi-Schule

Kurze Sätze sind wichtig. Bloß nicht den Erklär-Bären geben. Das lernt Sabine Poschmann, Bundestagskandidatin der SPD, in der parteieigenen Schule in Berlin. Ein guter Test für den Wahlkampf, der zum Großteil in fremden Wohnzimmern stattfinden soll. So will es zumindest Kanzlerkandidat Peer Steinbrück.

Von Bernd Dörries

Politiker "sind doch alle gleich", lautet das Pauschalurteil vieler Deutscher. Sind sie nicht. Die Süddeutsche Zeitung begleitet bis zur Bundestagswahl 2013 sieben Menschen aus sieben Parteien auf ihrem Weg in die Politik - Fehler, Rückschläge und Niederlagen inklusive.

Vor ein paar Tagen führte der Weg für Sabine Poschmann schon einmal nach Berlin. Nicht in den Bundestag, aber in die Zentrale der SPD, in die "Führungsakademie der sozialen Demokratie". Das hört sich nach viel an, ist letztlich aber einfach ein etwas umständlich benannter Teil der Parteischule. In die musste man früher auch mal einrücken, wenn man sich der sozialdemokratischen Sache nicht sicher war oder noch Bildungslücken aufwies.

Die 26 Männer und Frauen, die am vergangenen Wochenende in die Akademie einrückten, machten aber alle einen ideologisch gefestigten Eindruck; wie bei Sabine Poschmann aus Dortmund handelte es sich alles um Menschen, die für die SPD zum ersten Mal für den Bundestag kandidierten. Drei Tage lang ging es von morgens bis abends nicht um die letzten Feinheiten eines Rentenkonzepts. Sondern darum, wie man die Inhalte verkauft, wie sich die Kandidaten darstellen.

Poschmann und die anderen haben kleine Reden gehalten, sich selbst vor- und Podiumsdiskussionen nachgestellt. Alles wurde gefilmt und danach besprochen. Poschmann ist mit gewissen Vorteilen angereist, sie war lange Pressesprecherin bei einer Tochter der Dortmunder Stadtwerke und hat bereits diverse Interviewtrainings hinter sich. Aber manchmal, so hat sie in Berlin gelernt, kommt sie halt auch ganz gerne ins Reden.

"Ich mach' oft zu sehr den Erklär-Bär", sagt Poschmann, also hat sie in Berlin gelernt, sich auf kurze Sätze zu konzentrieren, auf den Kern der sozialdemokratischen Botschaft. An den solle man doch auch in Podiumsdiskussionen denken, haben die Trainer gesagt, man solle sich nicht durch den politischen Gegner aus dem Konzept bringen lassen.

In Berlin haben Poschmann und die anderen die Gesten trainiert, die Mimik, die sogenannte nonverbale Kommunikation also. Drei Tage lang, von 9 bis 21 Uhr. Und irgendwann hat Poschmann gemerkt, dass sie nur noch in die Gesichter der anderen schaut - darauf, wie ihre Botschaft ankommt, aber gar nicht mehr so sehr, was eigentlich die Botschaft ist. Das hat sie schon ein wenig beunruhigt. Schließlich sei sie keine Schauspielerin, sondern Sozialdemokratin aus Überzeugung. Das sollte die Botschaft sein.

Die Fortbildung in Berlin war gleichzeitig ein ganz guter Test; um zu sehen, wie weit bin ich denn mit meinen Vorbereitungen, wie weit sind andere. Einige hatten schon ihren eigenen Flyer dabei, so weit ist sie noch nicht. "Meine Mittel sind begrenzt, da kommt es auf die Hilfe von Freunden an."

Etwa 2000 Euro hat Poschmann aus eigenen Mitteln für den Wahlkampf beigesteuert, damit muss sie nun auch erst mal auskommen. Die Bundespartei gibt nächstes Jahr noch etwas für Plakate dazu, der Rest muss aus Spenden kommen und durch ehrenamtliches Engagement der Genossen. Ein Bekannter hat ihr eine Homepage eingerichtet, auf der aber noch nicht viel mehr zu sehen ist als ihr Gesicht. Auf Facebook ist sie natürlich schon.

Poschmann wird aber wohl einen recht klassischen Wahlkampf führen. Die Bundespartei hat kürzlich dazu aufgerufen, mehr Hausbesuche zu machen, und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will mit den Wählern in deren Wohnzimmern diskutieren. Sabine Poschmann stößt bei dieser Art Graswurzelwahlkampf als Berufstätige an ihre Grenzen. 200.000 potenzielle Wähler in Dortmund - wo fängt man da an, wo hört man auf?

Poschmann setzt eher auf Vereine und Gewerkschaften. Wenn irgendwo langjährige Genossen geehrt werden ist die Bundestagskandidatin zur Stelle. Neulich lag ihr Sohn im Krankenhaus, und Poschmann blieb die ganze Nacht bei ihm. Als es dem Sohn wieder besser ging, eilte sie zur Ehrung.

Sohn gut, Partei gut. So würde es Frau Poschmann vielleicht sagen, wenn sie in kurzen Sätzen ausdrücken soll, wie es denn so läuft für sie derzeit.

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