Syrischer Vize-Außenminister:"Ein Angriff würde al-Qaida unterstützen"

Mit einem Militärschlag gegen Syriens Machthaber Assad würde Obama Terroristen unterstützen, warnt der syrische Vize-Außenminister. Die Arabische Liga fordert, dass die Verantwortlichen für einen mutmaßlichen Giftgasangriff als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden.

Der stellvertretende syrische Außenminister Faisal Mekdad hat in einem Interview mit dem Sender BBC gewarnt, ein möglicher US-Militäreinsatz in seinem Land sei eine "Unterstützung der al-Qaida". Ein Einsatz der USA in Syrien werde den "Hass auf die Amerikaner" verstärken und den gesamten Nahen Osten destabilisieren, sagte Mekdad in dem Interview.

Er behauptete zudem, für die Angriffe mit chemischen Waffen in Syrien seien nicht die Truppen von Präsident Baschar al-Assad verantwortlich, sondern die von den USA unterstützten oppositionellen Gruppen.

Die Regierung in Washington sieht es dagegen als erwiesen an, dass die Streitkräfte von Machthaber Assad im syrischen Bürgerkrieg am 21. August Giftgas eingesetzt haben. Das Weiße Haus legte Geheimdienstinformationen vor, die Assad für den Giftgasangriff mit mindestens 1429 Toten verantwortlich machen. Unter den Opfern waren demnach auch mindestens 426 Kinder. Am vergangenen Sonntag gab US-Außenminister John Kerry bekannt, die USA hätten Beweise dafür, dass Damaskus das Nervengas Sarin eingesetzt hat.

"Abschreckende und notwendige Maßnahmen"

Auch die Arabische Liga ruft zum Vorgehen gegen Assad auf. Die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft müssten "abschreckende und notwendige Maßnahmen" gegen die Verursacher dieses Verbrechens einleiten, für das das syrische Regime die Verantwortung trage, hieß es in der Abschlusserklärung eines Außenministertreffens der Organisation am Sonntag in Kairo. Die Verantwortlichen für den Giftgasangriff müssten als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden.

Allerdings zeigte sich die Liga in dieser Frage gespalten, denn nicht alle Mitgliedsstaaten trugen die Resolution mit. Während sich vor allem Saudi-Arabien für ein internationales Einschreiten starkmachte, lehnten Syriens Nachbarn Libanon und Irak sowie Algerien die Resolution ab.

Obama wirbt um Zustimmung im Kongress

US-Präsident Barack Obama hatte am Samstag erklärt, auf einen schnellen Militärschlag gegen Syrien zu verzichten. Stattdessen entschied er sich überraschend, das Parlament um Zustimmung für einen begrenzten Luftangriff zu bitten.

Inzwischen hat Obama damit begonnen, bei den Abgeordneten um Billigung einer Militäraktion zu werben. Nach Angaben eines ranghohen Vertreters des Weißen Hauses sprachen Obama, sein Vize Joe Biden sowie sein Stabschef Denis McDonough am Sonntag mit Vertretern von Repräsentantenhaus und Senat, um sie für den Plan des Präsidenten zu gewinnen. Zuvor waren etwa 70 Kongressmitglieder zu einem geheimen Briefing im Kapitol geladen worden.

Für den heutigen Montag, in den USA ein Feiertag, lud Obama den einflussreichen republikanischen Senator John McCain ins Weiße Haus. McCain äußerte sich am Sonntag abwartend. Im Sender CBS forderte er erneut einen umfassenderen Einsatz als von Obama geplant. Auch viele der Teilnehmer des Briefings im Kongressgebäude zeigten sich zuletzt wenig überzeugt von den Plänen des Präsidenten.

Russland schickt Spionage-Schiff ins östliche Mittelmeer

Noch während die USA Vorkehrungen für einen Militärschlag gegen Assad treffen und Zerstörer in die Region schicken, sendet auch Russland ein Aufklärungs-Schiff ins östliche Mittelmeer. Das Kriegsschiff soll sich vor der Küste zum Schutz der russischen Marinebasis in der syrischen Hafenstadt Tartus bereithalten, sagte ein Mitarbeiter der Kriegsmarine. Russland hatte bereits vergangene Woche Kriegsschiffe verlegt, aber betont, sich an möglichen Kampfhandlungen in Syrien nicht beteiligen zu wollen.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat die USA unterdessen erneut mit Nachdruck aufgefordert, ihre Giftgas-Vorwürfe an das Regime in Syrien mit Beweisen zu belegen. "Washington hat uns Material übergeben, das aber nichts Konkretes dazu enthielt, wo die Proben von wem entnommen wurden", sagte Lawrow in Moskau. "Als wir nach Details fragten, sagten unsere amerikanischen Partner, dass diese geheim seien." Russland ist ein enger Verbündeter Syriens.

Neue Vorwürfe der syrischen Oppositionellen gegen Assad

Die syrische Opposition kritisierte, dass Obamas Kehrtwende Assad mehr Zeit zur Vorbereitung verschaffe. Außerdem beschuldigte sie das Regime von Präsident Assad, Zivilisten als menschliche Schutzschilde gegen einen US-Militärschlag zu missbrauchen. Soldaten sowie Raketen und Luftabwehrwaffen seien dazu in Schulen, Studentenwohnheime und Verwaltungsgebäude in den Städten verlegt worden, teilte das Oppositionsbündnis in Istanbul mit. Zudem seien Gefangene auf Militärstützpunkte gebracht worden. Die Regierung hoffe so, die USA vor Luftangriffen auf solche Ziele aus Angst vor zivilen Opfern abzuhalten.

Die Angaben zur Lage in Syrien können kaum überprüft werden, da die Arbeit ausländischer Medien eingeschränkt ist. Einwohnern zufolge haben sich jedoch zuletzt Tausende Soldaten und Kämpfer Assad-treuer Milizen in Wohngebiete in Damaskus begeben, um einem US-Angriff zu entkommen.

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