Süddeutsche Zeitung

Syrien vor internationaler Isolation:Arabische Liga stellt Assad Ultimatum

Der militärische und diplomatische Druck auf Syriens Präsident Assad wächst: Die Arabische Liga stellt ein dreitägiges Ultimatum und droht mit Wirtschaftssanktionen, Europa bemüht sich um eine UN-Resolution gegen das Regime. Gleichzeitig gehen Deserteure der syrischen Armee aggressiv gegen Sicherheitskräfte vor.

Die Arabische Liga hat Syrien ein Ultimatum gestellt, die gewaltsamen Angriffe auf Oppositionelle zu beenden. Wenn die syrische Regierung sich nicht binnen drei Tagen zur Zusammenarbeit mit der Arabischen Liga bereit erkläre und Beobachter ins Land lasse, werde man Wirtschaftssanktionen gegen Damaskus erlassen, kündigte der Regierungschef von Katar, Scheich Hamad bin Dschasim al-Thani in Rabat an. Bald werde Schluss sein mit den Bemühungen um eine diplomatische Lösung des Konflikts, sagte er. Das Ultimatum gilt seit diesem Mittwoch. Am Wochenende hatte die Liga bereits die Mitgliedschaft Syriens ausgesetzt.

In einer nach ihrem Treffen im marokkanischen Rabat veröffentlichten Erklärung lehnten die Außenminister der Arabischen Liga und der Türkei jede Form einer internationalen Intervention in Syrien ab, forderten jedoch, die Zivilbevölkerung zu schützen.

Der syrische Oppositionelle Haitham al-Maleh, der sich zur Zeit in Aachen aufhält, sagte dem Nachrichtensender Al-Dschasira, er gehe nicht davon aus, dass die syrische Führung die letzte Chance nutzen werde, die ihr die Arabische Liga nun gegeben habe. Der ehemalige politische Gefangene sagte weiter, die Regierung habe in Syrien nichts mehr zu sagen. Das Land werde von Präsident Assad, seinem Bruder Maher und drei weiteren Angehörigen des Führungszirkels beherrscht.

Die syrische Protestbewegung rief die arabischen Staaten auf, die in ihren Ländern akkreditierten Botschafter Syriens auszuweisen. Ein Sprecher der Protestbewegung sagte am Donnerstag, die Gegner von Präsident Assad wollten an diesem Freitag unter dem Motto "Ausweisung der Botschafter" demonstrieren.

Frankreich zieht Botschafter aus Damaskus ab

Die Europäer üben bereits diplomatischen Druck auf Syrien aus: Frankreich zog seinen Botschafter aus Damaskus ab und schloss die Konsulate in den Städten Aleppo und Latakia, die am Wochenende von Regierungsanhängern angegriffen worden waren. Die "neue Gewalt" in Syrien habe ihn zu diesem Schritt gezwungen, sagte Außenminister Alain Juppé in Paris.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien streben mit der Unterstützung arabischer Länder zudem eine Verurteilung Syriens durch die Vereinten Nationen an. Die Regierungen in Berlin, Paris und London wollten dazu noch am Donnerstag einen Resolutionsentwurf in die UN-Vollversammlung einbringen, sagte ein Sprecher der deutschen Delegation. Darin werden Syrien schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen und ein sofortiges Ende der Gewalt sowie die Umsetzung des Friedensplans der Arabischen Liga gefordert.

Es gebe eine starke Unterstützung für den Resolutionsentwurf, sagte der deutsche Sprecher. Einige arabische Länder hätten ihre Absicht bekundet, die nicht-bindende Resolution miteinzubringen. Diplomatenkreisen zufolge erwägen dies Saudi-Arabien, Jordanien, Katar, Marokko und Kuwait. Der Entwurf soll zunächst von dem Menschenrechtsausschuss der UN-Vollversammlung abgesegnet werden, bevor er dann allen 193 Mitgliedern in der Plenarsitzung vorgelegt werden soll.

In Damaskus wurde unterdessen die bekannte syrische Psychoanalytikerin Rafah Nasched nach mehr als zwei Monaten aus der Haft entlassen. Die Gewalt gegen Zivilisten hält jedoch weiter an. Am Donnerstag wurden nach Angaben von Aktivisten fünf Menschen von den Sicherheitskräften getötet. Laut der in London ansässigen Beobachtungsstelle für Menschenrechte starben am Mittwoch mindestens 17 Menschen, darunter acht Militärangehörige.

Bei einem der schwersten Angriffe auf syrische Sicherheitskräfte seit Beginn der Proteste Mitte März gingen Armeedeserteure gegen eine Militärbasis des Geheimdienstes bei Damaskus vor. Die Freie Armee Syriens hatte zuvor die Gründung eines provisorischen Militärrats bekannt gegeben. Das Gremium hat den Sturz der Regierung von Staatschef Assad und den Schutz der Zivilbevölkerung zum Ziel. Der Militärrat sei fortan die "höchste militärische Instanz Syriens", teilte die bewaffnete Oppositionsgruppe mit. Zudem sollten ein Militärgericht sowie eine Militärpolizei eingerichtet werden, um Regierungsmitglieder, denen Verbrechen vorgeworfen werden, zur Verantwortung zu ziehen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1191641
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
AFP/Reuters/dpa/mane/sebi
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.