Syrien-Verhandlungen in Genf:USA und Russland stehen vor Kompromiss

Tripartite meeting on Syria at UN in Geneva

Verhandlungen in Genf: US-Außenminister John Kerry (links), der Syrien-Beauftragte der UN Lakhdar Brahimi (mitte) und der russische Außenminister Sergej Lawrow

(Foto: dpa)

In den Verhandlungen über das weitere Vorgehen im Syrien-Konflikt zeichnet sich eine Lösung ab: Diplomaten zufolge sind die USA nun unter bestimmten Voraussetzungen bereit, auf die Androhung eines Militärschlags zu verzichten. Vorübergehend hatten die Äußerungen von UN-Chef Ban Ki Moon für Verwirrung gesorgt.

Die USA und Russland nähern sich bei den Genfer Syrien-Gesprächen einem Kompromiss. Die Regierung in Washington sei nun unter bestimmten Voraussetzungen bereit, in einer Resolution des UN-Sicherheitsrates auf die direkte Androhung von Gewalt gegen das Regime in Damaskus zu verzichten, sagten Diplomaten in der Nacht zum Samstag. Dies war bislang einer der wesentlichen Streitpunkte der Chemiewaffen-Beratungen in der Schweizer Stadt: die USA wollten eine entsprechende Drohung, Russland lehnte dies ab.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ging derweil davon aus, dass der in Kürze erwartete Bericht der UN-Waffeninspekteure einen Giftgaseinsatz in dem bürgerkriegsgeplagten Land belegen wird. In US-Medien hieß es unter Berufung auf ranghohe Regierungsvertreter, US-Präsident Barack Obama sei mit einem Papier einverstanden, dass Syrien andere Zwangsmaßnahmen wie etwa Sanktionen für den Fall androhe, dass es seine Chemiewaffen nicht unter internationale Kontrolle stelle. Obama behalte sich aber weiter das Recht vor, selbst einen Angriff gegen Syrien zu unternehmen. Dafür strebe er unverändert nach einer Genehmigung durch den US-Kongress. Das Weiße Haus bestätigte oder dementierte die Berichte nicht.

Syriens Machthaber Baschar al-Assad hatte diese Woche den Beitritt zur Chemiewaffen-Konvention bei den UN beantragt. Er macht seine Zusammenarbeit aber davon abhängig, dass Washington nicht länger mit einem Militärschlag droht.

Aussage von UN-Chef Ban sorgte vorübergehend für Verwirrung

Die Regierung in Washington beschuldigt Assad, hinter einem Giftgas-Angriff vom 21. August mit Hunderten Toten zu stecken. Das Regime in Damaskus hält ihn den Rebellen vor. Moskau steht an Assads Seite.

Zur Aufklärung beitragen, könnte der Bericht der UN-Chemiewaffeninspekteure - auch wenn Ban es zunächst vermied, einen Verantwortlichen für die Attacke zu nennen. "Unser Team wird in Kürze mit einem Bericht herauskommen, einem überwältigenden Bericht, der den Einsatz chemischer Waffen untermauern wird", sagte der UN-Chef am Freitag am Rande einer Veranstaltung in New York.

Seine Bemerkung hatte am UN-Hauptsitz vorübergehend für Verwirrung gesorgt. Ban äußerte sich vor einer Frauengruppe zu dem Thema - in der Annahme, dass Journalisten nicht mithören können. Seine Worte wurden jedoch im UN-TV übertragen. Bans Sprecher Farhan Haq bekräftigte auf Anfrage, dass sich der UN-Chef nur inoffiziell geäußert habe. Ein Wortlauttext wurde später nachgereicht. Haq fügte hinzu, die Untersuchung der Experten sei noch nicht abgeschlossen, ihr Bericht liege noch nicht vor. Nach Angaben des französischen Außenministers Laurent Fabius soll er am Montag vorgestellt werden.

Noch steht kein konkretes Datum für die Syrienkonferenz

Bis dahin bleibt Zeit für weitere Gespräche in Genf. Die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, verhandeln dort seit zwei Tagen über die Details der Kontrolle und Vernichtung der syrischen Chemiewaffenarsenale. Die Beratungen sollen am Samstag fortgesetzt werden.

Einigen konnten sich die Minister bislang lediglich darauf, dass sie an einer Friedenskonferenz zur Beendigung des Bürgerkrieges in Syrien festhalten. Einen Termin für eine solche Konferenz, über die schon seit dem Frühjahr diskutiert wird, gibt es bislang aber nicht. Ende September solle ein Vorbereitungstreffen in New York am Rande der Generaldebatte der UN-Vollversammlung stattfinden, sagte Kerry. Dann wolle man auch sehen, ob ein konkretes Datum für die Konferenz genannt werden könne.

Der russische Außenminister Lawrow nannte als Voraussetzung, dass die Konfliktgegner in Syrien sich "auf eine Übergangsregierung verständigen können, in der alle Gruppierungen der syrischen Gesellschaft vertreten sind". Parallel zu Lawrow und Kerry will am Samstag die Führung der syrischen Exil-Opposition in Istanbul beraten. Allerdings ist das Bündnis uneins über Fragen zur Rolle der Kurden und zur Leitung einer Übergangsregierung.

Nur wenig Spendengelder für deutsche Nothilfe in Syrien

Das sinkende Spendenaufkommen erschwert deutschen Katastrophenhelfern nach eigenen Angaben zunehmend die Hilfe für syrische Flüchtlinge. Im vergangenen Jahr seien bei den zehn Hilfsorganisationen der Aktion "Deutschland hilft" nur noch rund sechs Millionen Euro an Spenden aus der Bevölkerung eingegangen, sagte Geschäftsführerin Manuela Roßbach zum Start einer Informationskampagne, die am Samstag in Nürnberg beginnt.

In den Jahren 2010 und 2011 hatte das Spendenaufkommen des Aktionsbündnisses noch zwischen 35 und 40 Millionen Euro gelegen. Damals hatten Erdbeben auf Haiti und die Flutkatastrophe in Pakistan die Menschen zum Spenden bewegt.

Viele Bundesbürger seien wegen des Krieges in Syrien verunsichert, und das bremse ihre Spendenbereitschaft, vermutet Roßbach. Aber die Gelder kämen ausschließlich der hilfsbedürftigen Bevölkerung zu Gute, versicherte sie und mahnte: "Wir dürfen die Syrer nicht vergessen." Nun hoffe sie vor allem auf Unterstützung der Bundesregierung.

Sorgen bereite der bevorstehende Winter. In den Flüchtlingslagern in den syrischen Grenzgebieten fehle es an warmer Kleidung und Decken. Mehr als sechs Millionen Syrer seien hilfsbedürftig. Mehr als 100 deutsche Helfer seien derzeit in der Region im Einsatz. Es fehlten Mittel im zweistelligen Millionenbereich.

Die Aktion "Deutschland hilft" ist ein Zusammenschluss von zehn Hilfsorganisationen. Sie koordiniert meist Einsätze nach Katastrophen im Ausland und verteilt Spendengelder. Im Rahmen einer Informationskampagne stellt das Bündnis seine Arbeit im September und Anfang Oktober in zehn deutschen Städten vor.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: