Was bedeutet die Erlaubnis des türkischen Parlaments, einen Militäreinsatz durchzuführen?
Mit der Erlaubnis des Parlaments in Ankara wird die türkische Armee zum Eingreifen in den Nachbarstaaten Syrien und Irak ermächtigt. Das Mandat ist für ein Jahr gültig, auch ausländischen Truppen ist nun der Transit durch die Türkei zum Einsatz gegen die Dschihadisten des "Islamischen Staats" (IS) gestattet.
Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat noch noch keine genauen Pläne für einen Militäreinsatz bekannt gegeben. Er sprach sich allerdings dafür aus, eine militärisch geschützte Pufferzone in Syrien einzurichten. Ihren Verbündeten wird die Türkei sicherlich zunächst Militärbasen wie den Luftwaffenstützpunkt Incirlik zur Verfügung stellen. Nach Einschätzung türkischer Medien steht ein direktes militärisches Eingreifen Ankaras im Kampf gegen den IS aber nicht bevor.
Warum verhält sich die Türkei im Kampf gegen den IS so zögerlich?
Die USA wollen die Türkei seit langem eng in die Allianz gegen den IS einbinden. Bislang zögert Premier Erdoğan aber, auch unter Verweis auf die mehrere Dutzend türkischen Geiseln in der Hand der IS-Milizen. Mittlerweile sind diese 49 Türken allerdings wieder frei und das Land dürfte mehr Handlungsspielraum haben.
Beobachter identifizieren zwei Hauptgründe, warum die Türkei sich im Kampf gegen den IS nur sehr zögerlich engagiert - beziehungsweise islamistische Gruppierungen zeitweise sogar unterstützt haben soll.
- Die Türkei fürchtet, mit Angriffen auf die IS-Islamisten den syrischen Diktator Baschar al-Assad zu stärken. Die Türkei wolle das Assad-Regime aber stürzen, sagte der Terrorismusexperte Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik dem Deutschlandfunk. Die Feindschaft sei in der Vergangenheit ein Motiv für Ankara gewesen, den IS-Vorgänger Nusra-Front zu unterstützen und das Einsickern islamistischer Kämpfer über die Türkei nicht zu unterbinden, sagte Steinberg weiter.
- Zum Zweiten fürchtet die Türkei, dass die Schwächung des IS unmittelbar zur Stärkung der Kurden im Norden Syriens und des Iraks führt. Terrorismusexperte Steinberg sagte im Deutschlandfunk, es gehe Ankara darum, "zu verhindern, dass der syrische Ableger der PKK, die PYD, weiter erstarkt und dort eine Autonomiezone in ihren syrischen Gebieten errichtet, wie das den irakischen Kurden gelungen ist". Die im syrisch-türkischen Grenzgebiet gegen den IS kämpfenden kurdischen Einheiten stehen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK nahe. Die Stärkung der PKK zu verhindern scheine für die Türkei bedeutender zu sein als der Kampf gegen eine terroristische Organisation wie IS, so Steinberg weiter.