Süddeutsche Zeitung

Syrien:Trotz Feuerpause Gefechte in Ost-Ghouta

  • In Ost-Ghouta hat es anscheinend erneut Gefechte gegeben.
  • Unklar ist, ob die syrische Regierung oder Rebellen vor Ort trotz der vereinbarten Waffenruhe ihre Angriffe fortsetzen.
  • Eigentlich sollten die eingeschlossenen Zivilisten während der Feuerpause von fünf Stunden humanitäre Hilfe erhalten.

Die Waffenruhe im syrischen Ost-Ghouta hat offenbar keine fünf Stunden gehalten. Trotz der angekündigten Feuerpause hat es dort am Dienstagvormittag neue Angriffe gegeben. Das melden Aktivisten, die die regierungstreuen Truppen verdächtigen, und die russische und die syrische Regierung, die die Rebellen verantwortlich machen.

Die russische Regierung hatte für Ost-Ghouta eine fünfstündige Feuerpause ausgerufen, um den Zivilisten eine Flucht über "humanitäre Korridore" zu erlauben. Darüber sollen Einwohner in Sicherheit gebracht werden und Hilfsorganisationen Nahrungsmittel und Medikamente in die umkämpfte Region östlich der Hauptstadt Damaskus bringen. Nach Worten eines Rotkreuz-Sprechers gibt es aber noch kein grünes Licht der Konfliktparteien für ein sicheres Geleit von Konvois.

Knapp drei Stunden nach Beginn der Waffenruhe um neun Uhr Ortszeit teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mit, dass das Gebiet bei Damaskus von Raketen und Bomben getroffen worden sei. Es seien sechs Artilleriegeschosse abgefeuert, zwei Fassbomben abgeworfen und ein Luftangriff geflogen worden.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete ihrerseits, die Rebellen hätten einen neu eingerichteten humanitären Korridor bei Al-Rafidain beschossen, um Zivilisten an der Flucht zu hindern. Auch Russland meldete, die Rebellen beschössen den Korridor mit Mörsergranaten. Eine Rebellengruppe namens Dschaisch al-Islam wies dies umgehend zurück. "Wir haben niemanden daran gehindert. Zivilisten treffen ihre Entscheidungen selbst", sagte ein ranghoher Vertreter.

Ost-Ghouta gehört zu den letzten Gebieten des Bürgerkriegslands Syrien, die noch unter der Kontrolle von Rebellen stehen. Dominiert wird die Region von islamistischen Milizen. Sie ist seit Monaten von Regierungstruppen eingeschlossen. Rund 400 000 Menschen sind dort wegen der Blockade fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten. Helfer berichten von einer dramatischen humanitären Lage.

Nachdem innerhalb weniger Tage mehrere Hundert Zivilisten getötet worden waren, hatte der UN-Sicherheitsrat eine Waffenruhe von 30 Tagen beschlossen. Obwohl die russische Regierung ebenfalls zugestimmt hatte, kündigte sie nur an, bei der syrischen Regierung von Machthaber Baschar al-Assad eine tägliche Waffenruhe von je fünf Stunden zu erwirken. Helfer kritisierten das als zu kurzen Zeitraum.

Das russische Verteidigungsministerium hatte am Montag erklärt, die Feuerpause sei mit den syrischen Streitkräften abgesprochen, um Kranke und Verletzte aus dem Gebiet herausbringen zu können und den Zivilisten die Möglichkeit zu geben, die Enklave zu verlassen. Ein Sprecher der Rebellengruppe Faylaq al-Rahman warf Russland vor, die Menschen nur vor die Wahl zwischen Zwangsumsiedlung oder Tod durch Beschuss oder Belagerung zu stellen.

Moskau kontrolliert mit einem modernen Luftabwehrsystem den syrischen Luftraum. Damit und mit Luftangriffen spielt Russland eine zentrale, aber auch mehrdeutige Rolle in dem Konflikt. Kremlchef Wladimir Putin will zwar Syriens Führung an der Macht halten, ist aber schon allein wegen der hohen Kosten an einem Ende des Konflikts interessiert.

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