Syrien:Terrormiliz IS nutzt Chemiewaffen

Terroristen haben in Syrien und Irak Senfgas und Chlor eingesetzt.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat seit 2014 in Irak und Syrien mehr als 50 Mal Chemiewaffen eingesetzt. Das geht aus einer Auswertung von der Beratungsfirma IHS Conflict Monitor hervor, die Daten über den Konflikt sammelt. In der Region Mossul habe der IS solche Waffen 19 Mal eingesetzt. Mitte Oktober haben irakische Regierungstruppen, kurdische Peschmerga und eine Reihe von Milizen eine Großoffensive zur Rückeroberung der Stadt gestartet, in der IS-Führer Abu Bakr al-Bagdadi 2014 sein Kalifat ausgerufen hatte. "Während der IS rund um Mossul an Boden verliert, besteht ein großes Risiko, dass die Gruppe chemische Waffen einsetzt, um den Vormarsch der Truppen zu bremsen und den Gegner zu demoralisieren", sagt Columb Strack, der Chef-Analyst von IHS. Auch sei vorstellbar, dass der IS Kampfstoffe gegen Zivilisten einsetze, die in der Stadt Widerstand leisteten.

Die größte Gefahr gehe von Senfgas und Chlor aus, heißt es in der Analyse weiter. Mossul gilt als Standort der Chemiewaffen-Produktion des IS. Westliche Geheimdienste gehen davon aus, dass die Dschihadisten selbst Senfgas hergestellt haben und zudem möglicherweise Artilleriegranaten und andere Munition mit Kampfstoffen aus Beständen der irakischen und der syrischen Armee erbeutet haben. Senfgas, eigentlich eine als Aerosol ausgebrachte Flüssigkeit, greift die Haut und die Atemwege an. Kontaminierte Gebiete können auch Wochen nach dem eigentlichen Einsatz nicht ohne Schutzkleidung und Atemschutzmaske betreten werden. Chlor ist eine weithin verfügbare Chemikalie mit einer Reihe von zivilen Anwendungen, die Reizungen der Atemwege und Augen bis hin zum Atemstillstand auslösen kann.

Die IHS-Daten zeigten, dass die Angriffe mit solchen Waffen vor Beginn der Offensive zurückgegangen seien. Die meisten Anlagen und Experten zur Chemiewaffenproduktion seien wahrscheinlich nach Syrien verlegt worden, sagt Analyst Strack. Die Munition ist aber unabhängig davon. Irakische Truppen drangen am Dienstag in weitere Viertel Mossuls östlich des Tigris vor und stießen auf erbitterten Widerstand. Die US-geführte Militärkoalition bombardierte die dritte von fünf Brücken, um den IS-Kämpfern Rückzugs- und Versorgungswege abzuschneiden. Der US-Sondergesandte Brett McGurk sagte der Bild, dem IS gingen die Selbstmordattentäter aus, bislang seine tückischste Waffe. Im Nordirak setze der IS zwar momentan noch 100 von ihnen im Monat ein. Diese Zahl werde sich aber bald reduzieren, nachdem es fast keine ausländischen Kämpfer mehr gebe, die noch in die IS-Gebiete reisen. Der IS könnte versuchen, dies mit Chemiewaffen wettzumachen.

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