Syrien:Scham und Schande

Wer Sanktionen gegen Russland grundsätzlich ablehnt, gibt Putin freie Hand.

Von Daniel Brössler

Wie sehr sich die Lage in Syrien verschlechtert hat, darüber sind die Außenminister der Europäischen Union "entsetzt". Das haben sie mit dem Rest der Welt gemeinsam. Das Leiden der Menschen in Aleppo ist eine Katastrophe und die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft, es auch nur zu lindern, eine Schande. Man kann durchaus glauben, dass die EU-Außenminister diese Scham spüren. Doch darauf kommt es nicht an. Die Frage ist, wie lange die EU den Gräueln in ihrer Nachbarschaft noch so tatenlos zusehen kann.

Auf Forderungen nach Sanktionen gegen das für das Morden in Aleppo direkt und indirekt verantwortliche Russland haben die Außenminister überwiegend mit großer Skepsis reagiert. Sie befürchten, dass Verhandlungen über eine Waffenruhe und über humanitäre Hilfe für die Eingeschlossenen dadurch erschwert oder unmöglich werden könnten. Eine Rolle spielt auch die Sorge, dass Präsident Wladimir Putin sich rächen könnte, indem er den Krieg im Osten der Ukraine wieder verschärft. Leichtfertig dürfen Sanktionen in der Tat nicht verhängt werden.

Verheerend aber wäre es auch, sie leichtfertig auszuschließen. Wenn Putin nicht einmal verstärkten wirtschaftlichen Druck zu befürchten hat, hat er gar nichts zu befürchten. Wer Sanktionen unter allen Umständen ablehnt, teilt dem Kremlchef freundlich mit, dass er in Syrien freie Hand hat.

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