Syrien:Russland und Türkei handeln Waffenruhe aus

Das Abkommen soll landesweit gelten, nicht aber für "Terrororganisationen". Ankara besteht auf Amtsverzicht Assads.

Von Moritz Baumstieger

Russland und die Türkei sind nach Angaben des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu unmittelbar davor, eine Übereinkunft zu einer neuen Waffenruhe in Syrien zu erreichen. Staatsnahe türkische Medien berichteten am Mittwoch zunächst, dass die geplante Feuerpause bereits in der Nacht zum Donnerstag in Kraft treten soll, Çavuşoğlu sprach davon, sie könne "jeden Moment" beginnen. Russland wollte das noch nicht bestätigen: "Ich kann das jetzt nicht beantworten, dazu fehlen mir die Informationen", so Kremlsprecher Dmitrij Peskow auf Nachfrage.

Russland und die Türkei hatten zuletzt zwischen dem Regime von Syriens Machthaber Baschar al-Assad und den Rebellen vermittelt, um die Evakuierung von Ost-Aleppo zu erreichen. An dieses Abkommen wollen beide Staaten nun anknüpfen: So soll die neue Waffenruhe für ganz Syrien gelten, nur "Terrororganisationen" seien ausgenommen. Außenminister Çavuşoğlu präzisierte am Mittwoch, dass darunter die Terrormiliz Islamischer Staat und al-Qaida-nahe Gruppen fallen. Ob die Türkei mit Russland eine Einigung über den Umgang mit gemäßigteren Islamisten gefunden hat und wie die Volksverteidigungskräfte (YPG) der Kurden in Nordsyrien behandelt werden sollen, war jedoch noch unklar. Russland hatte bisher alle Rebellen des Terrorismus bezichtigt, aber die Kurden unterstützt. Der türkische Präsident Erdoğan hingegen bezeichnete YPG am Dienstagabend erneut als Terroristen.

Aufbauend auf eine Waffenruhe wollen die Türkei, Russland und Iran von Mitte Januar an als Garantiemächte neuen Friedensverhandlungen zwischen Opposition und dem Regime vorstehen. Die Gespräche sollen in Kasachstans Hauptstadt Astana stattfinden und zu einer politischen Lösung in Syrien führen. Çavuşoğlu betonte, dass die Türkei weiter daran festhalte, dass Moskaus Verbündeter Assad abtritt. Oppositionsführer sagten am Mittwoch, nichts von einer neuen Waffenruhe zu wissen, ihr aber offen gegenüberzustehen.

Das Auswärtige Amt reagierte verhalten auf die neue Initiative. Man begrüße jedes Bemühen um Frieden und solle nicht versuchen, "Konkurrenzverhältnisse" im Vorgehen der drei Länder zu sehen, sagte am Mittwoch ein Ministeriumssprecher in Berlin. Indirekt warnte er aber vor Alleingängen: Die Bemühungen Russlands, der Türkei und Irans könnten nicht darüber hinwegtäuschen, "dass natürlich die ganz zentrale Rolle weiterhin bei den Vereinten Nationen liegt". Nur bei den UN würden alle am Konflikt beteiligten Mächte zusammengeführt. Der Sprecher wies zudem auf die neuen Syrien-Gespräche hin, zu denen der UN-Beauftragte Staffan de Mistura am 8. Februar nach Genf geladen hat.

Russlands Außenministerium zufolge sagte de Mistura jedoch Unterstützung zu für das Aushandeln einer Waffenruhe und Gespräche in Astana. In einem Telefonat mit Außenminister Sergej Lawrow habe de Mistura am Mittwoch das Ergebnis der Gespräche zwischen Russland, der Türkei und Iran vergangene Woche begrüßt, in denen die neue Initiative vorbereitet wurde.

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