Syrien:Rote Linien, roter Faden

Wieder Giftgas im Krieg? Die Belege sind da, aber niemand handelt.

Von Moritz Baumstieger

Im August 2012 warnte US-Präsident Barack Obama den syrischen Machthaber Baschar al-Assad, der Einsatz von Chemiewaffen sei die rote Linie. Es dauerte nicht mal ein Jahr, dann war belegt, dass Assads Truppen das Nervengas Sarin im syrischen Bürgerkrieg eingesetzt hatten.

Es passierte: nicht viel. Syrien willigte zwar ein, seine Chemiewaffen vernichten zu lassen, doch schon damals sprachen viele von einer Finte. Es gab Hinweise, dass das Regime einen Teil der Kampfstoffe zurückhielt, es gab Hinweise, dass das Regime sie auch weiter einsetzte. Jetzt sind zumindest zwei Fälle durch ein internationales Gutachterteam bewiesen, einer vom April 2014 und einer aus dem März 2015. Wenn sie wollten, hätten die Experten noch auf Jahre zu tun: Allein seit vergangenem Dezember wurden 130 Einsätze von Chemiewaffen in Syrien gemeldet, die zu untersuchen wären.

Vor Veröffentlichung des Berichts hatte der UN-Sicherheitsrat Strafmaßnahmen angedroht. Die US-Botschafterin forderte, dass die Weltgemeinschaft "stark und schnell" aktiv werden müsse. Die Reaktion wird aber wieder schwach und langsam ausfallen: Russland und China unterstützen das Regime von Assad und werden im Zweifel von ihrem Vetorecht im Sicherheitsrat Gebrauch machen. Von den vielen roten Linien, die Assad gesetzt wurden, bleibt leider nur eines: Sie ziehen sich als roter Faden des Versagens durch fünf Jahre Bürgerkrieg.

© SZ vom 26.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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