Syrien:Panzer feuern auf die Stadt Homs

Assad zeigt sich von den EU-Sanktionen unbeeindruckt: Seine Panzer nehmen Protesthochburgen des Landes unter Beschuss. Dabei sind Menschenrechtsaktivisten zufolge bis zu 19 Zivilisten getötet worden.

Trotz internationaler Proteste geht das syrische Regime weiter mit Gewalt gegen die Demokratiebewegung vor. In der drittgrößten Stadt Homs sollen Panzer der Armee einem Menschenrechtler zufolge eine Wohngegend beschossen haben.

Syrien: Anti-Regierungs-Demonstranten tragen in der Nacht zum Mittwoch Kerzen durch die Stadt Qamischli im Norden Syriens. Aus der Stadt Homs gibt es keine Bilder - Journalisten haben keinen Zugang. Homs wird laut Menschenrechtsaktivisten von Panzern beschossen.

Anti-Regierungs-Demonstranten tragen in der Nacht zum Mittwoch Kerzen durch die Stadt Qamischli im Norden Syriens. Aus der Stadt Homs gibt es keine Bilder - Journalisten haben keinen Zugang. Homs wird laut Menschenrechtsaktivisten von Panzern beschossen.

(Foto: AP)

In den Protesthochburgen Daraa und Homs sind 19 Zivilisten getötet worden. Unter den Opfern sei auch ein achtjähirges Kind, sagte der Chef der Nationalen Organisation für Menschenrechte, Ammar Kurabi, der Nachrichtenagentur AFP.

"Homs bebt, überall sind Explosionen zu hören vom Beschuss durch Panzer sowie von schwerem Maschinengewehrfeuer", schildert ein weiterer Menschenrechtsaktivist die Situation vor Ort. Im arabischen TV-Sender al-Arabija und in den Internet-Foren der Opposition hieß es, zum Teil seien die Soldaten bei ihrem Angriff auf Gegenwehr gestoßen.

Nach Angaben einer weiteren Menschenrechtlerin kam es bereits am Dienstag trotz schwerer Sicherheitsvorkehrungen in Homs zu einer Demonstration. Zuvor seien Panzer in mehrere Wohnviertel gefahren und hätten drei Zivilisten getötet. "Das Regime setzt auf die Verliererkarte, indem es Panzer in die Städte schickt. Die Syrer haben das Blut ihrer Landsmänner gesehen."

In Homs seien im Bezirk Baba Amro, in dem es in den vergangenen Wochen mehrfach Anti-Regime-Demonstrationen gegeben hatte, auch die Telefonleitungen und der Strom gekappt worden. Die Sicherheitskräfte nahmen zahlreiche mutmaßliche Teilnehmer der Proteste gegen das Assad-Regime fest. Auch in anderen syrischen Städten führten Armee und Polizei ähnliche Razzien durch, bei denen in Hausdurchsuchungen Regimegegner aufgespürt und festgenommen werden.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete unter Berufung auf einen Militärsprecher, am Vortag hätten die Sicherheitskräfte "Dutzende Mitglieder bewaffneter Terrorgruppen" in der Umgebung von Homs festgenommen. Sie hätten außerdem Waffen, Autos und 150 Motorräder beschlagnahmt.

Die Regierung zeigte sich dementsprechend siegesgewiss. "Wir haben den gefährlichsten Moment hinter uns", sagte Präsidentenberater Buthaina Schaaban der New York Times. "Ich hoffe, wir sind jetzt Zeuge, wie die Geschichte ein Ende findet." Ein einflussreicher Cousin von Präsident Baschar al-Assad sagte der Zeitung, die Familie des Präsidenten werde nicht aufgeben. "Wir werden hier ausharren. Wir nennen es einen Krieg bis zum Ende."

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Regierung auf, Massenfestnahmen von Demonstranten zu stoppen und die Rufe nach politischen Reformen ernst zu nehmen. Mitarbeiter der Vereinten Nationen und Menschenrechtsbeobachter müssten nach Deraa gelassen werden, um sich ein Bild von der Situation der Bevölkerung machen zu können.

Deraa im Süden des Landes gilt als Wiege der Protestbewegung. Nach Angaben von Menschenrechtlern sind seit Beginn der Proteste gegen Assad Mitte März mehrere hundert Menschen getötet worden.

Sanktionen gegen Assad?

Unterdessen drohen Deutschland und die Europäische Union jetzt auch dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad persönlich Sanktionen an, falls die Demokratiebewegung in seinem Land weiter niedergeschlagen wird. Wenn Syrien nicht sofort und spürbar seinen Kurs ändere und die Repressionen stoppe, werde ein zweites Sanktionspaket folgen, kündigte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin an. Dieses werde auch Assad selbst treffen.

An diesem Mittwoch sei außerdem der syrische Botschafter in Auswärtige Amt in Berlin einbestellt worden. Dies sei Teil einer konzertierten Aktion aller 27 EU-Mitglieder, auch in anderen Staaten seinen die syrischen Botschafter einbestellt worden.

Am Dienstag hatte die EU wegen des brutalen Vorgehens der syrischen Regierung gegen Demonstranten Einreiseverbote für enge Verwandte von Assad erlassen. Die EU veröffentlichte eine Liste mit 13 Namen, zu denen auch die Chefs des allgemeinen und des militärischen Geheimdienstes gehören - nicht aber der Präsident selbst.

Zehntausende protestieren im Jemen

Derweil gehen auch im Jemen die Proteste gegen die Regierung weiter: In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa sind an diesem Mittwoch Augenzeugen zufolge erneut Zehntausende Menschen gegen Präsident Ali Abdullah Saleh auf die Straße gegangen.

Sicherheitskräfte feuerten den Angaben zufolge in die Luft, um die Demonstranten von ihrem Marsch auf das Regierungsgebäude abzuhalten. Mehrere Menschen seien verletzt worden. Südlich von Sanaa, in der Stadt Tais, erschossen Scharfschützen zwei Demonstranten. Dutzende wurden zudem bei den Massendemonstrationen verletzt, wie Bewohner und Rettungskräfte berichteten. Die Polizei ging auch mit Tränengas und Schlagstöcken gegen die Menge vor.

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