Süddeutsche Zeitung

Aufstand in Syrien:Hinweise auf Revolte in der Armee

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Das staatliche syrische Fensehen meldet, 120 Sicherheitskräfte seien bei Auseinandersetzungen mit "Banden" gestorben. Die Opposition stellt dies ganz anders dar. Begehrt das Militär gegen Präsident Assad auf?

In Syrien mehren sich die Hinweise auf eine Meuterei in der Armee. So könnte ein Zwischenfall mit mehr als 100 Toten im Nordwesten des Landes auf eine Befehlsverweigerung zurückgehen. Die Regierung hatte erklärt, bewaffnete Extremisten hätten am Montag 120 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet. Mehrere Exil-Oppositionelle sagten dagegen der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag, die Soldaten seien von Angehörigen der Armee getötet worden, weil sie sich geweigert hätten, in der Ortschaft Dschisr al-Schogur auf unbewaffnete Zivilisten zu schießen. Auch die Nachrichtenagentur AFP erhielt Hinweise von Menschenrechtsaktivisten, wonach es eine Meuterei gegeben habe.

Der Leiter der Menschenrechtsorganisation Insan, Wissam Taif, sagte, in der Stadt seien heftige Kämpfe zwischen desertierten und loyalen Soldaten ausgebrochen.

Das syrische Staatsfernsehen stellte die Geschehnisse komplett anders da. Etwa 120 Sicherheitskräfte seien in Dschisr al-Schogur bei Auseinandersetzungen mit "bewaffneten Banden" ums Leben gekommen. Die Gruppen hätten "ein regelrechtes Massaker begangen", hieß es. Innenminister Mohammed Ibrahim el Schaar erklärte, mit Entschiedenheit und Härte gegen "bewaffenete Angriffe" vorgehen zu wollen.

Es war nicht möglich, die widersprüchlichen Angaben zu überprüfen, weil die syrischen Behörden eine unabhängige Berichterstattung durch ausländische Journalisten unterbinden.

Die Regierung verstärkte mittlerweile offenbar ihre Truppen in der Unruheregion. Wie ein Aktivist sagte, waren am Dienstag 13 Armeetransporte auf dem Weg nach Dschisr al-Schogur. Seit Samstag ist die Armee dort im Einsatz, um dort gegen Regierungsgegner vorzugehen.

Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira strahlte unterdessen eine Videoaufzeichnung aus, die einen jungen Mann in der Uniform der syrischen Armee zeigt. Er erklärte, er sei desertiert. Das brutale Vorgehen der Armee gegen friedliche Demonstranten sei ein Verbrechen. Zugleich rief er die Offiziere der Städte, in denen die Armee auf Demonstranten geschossen hatte, zur Meuterei auf.

Seit Beginn der Proteste in Syrien Mitte März sind schätzungsweise 1300 Menschen getötet worden. Die Regierung kündigte in den vergangenen Wochen mehrere Reformen in den Bereichen Wirtschaft und Soziales sowie ein neues Parteiengesetz an.

Die Protestbewegung, die zunächst nur eine demokratische Öffnung gefordert hatte, hat sich jedoch im Zuge der Gewalt gegen Demonstranten radikalisiert und fordert inzwischen den Sturz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad.

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AFP/dpa/beu/hai
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