Russland und das Regime von Präsident Baschar al-Assad haben am Dienstag in Syrien nach eigenen Angaben eine neue Großoffensive gegen Ziele in Aleppo und anderen Provinzen gestartet. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu berichtete an Präsident Wladimir Putin, Kampfjets des Flugzeugträgers Admiral Kusnetsow hätten in den Provinzen Idlib und Homs attackiert; zudem seien Raketen vom russischen Marineverband im Mittelmeer und Stützpunkten in Syrien gefeuert worden. Russland eröffnet damit eine neue Front gegen maßgeblich von Rebellen gehaltene Gebiete.
Syriens Armee meldete Angriffe auf den von Rebellen kontrollierten Osten Aleppos, die Schoigu dagegen nicht erwähnte. Es war zunächst nicht klar, ob sich Russland auch daran beteiligt. Die neue Offensive begann nur Stunden nach einem Telefonat Putins mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump. Dieser hatte zuvor angekündigt, die Unterstützung für die Rebellen zu beenden und den Schulterschluss mit Russland, Iran und Assad im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu suchen. Ob Putin und Trump über Syrien gesprochen haben, wollte keine der beiden Seiten bestätigen. Der Kreml teilte mit, es sei um "Kooperation im Kampf gegen den internationalen Terrorismus" gegangen. Russland fordert seit seiner Intervention in Syrien im September 2015, dass die USA ihre Unterstützung für die Rebellen stoppen, die für Assads Sturz kämpfen, vielerorts aber auch gegen den IS.
Die russische Offensive war wochenlang vorbereitet worden. Moskau wollte damit auch Fakten schaffen, wäre Hillary Clinton zur Präsidentin gewählt worden. Ihr war zugetraut worden, die unter Präsident Barack Obama zögerliche Hilfe für die Rebellen auszubauen. Auch er hatte dem Kampf gegen den IS Priorität gegeben. Sein Außenminister John Kerry hatte mit Russland über eine Waffenruhe und eine nachfolgende militärische Zusammenarbeit gegen den IS und die Nusra-Front verhandelt. Die Waffenruhe scheiterte aber im September.
Nach Schoigus Worten galten die russischen Angriffe dem IS und der ebenfalls international als terroristisch eingestuften Jabhat Fateh al-Scham. Sie ist die Nachfolge-Organisation der Nusra-Front und hat sich vom Terrornetzwerk al-Qaida losgesagt. Die Angriffe trafen Gebiete, in denen der IS kaum vertreten ist. Sie werden von nationalistischen und islamistischen Rebellengruppen kontrolliert, auch Fateh al-Scham ist in Teilen Idlibs präsent. Etliche Gruppen kämpfen Seite an Seite mit ihr, auch wenn sie ihre Ideologie ablehnen. Wie das syrische Regime bezeichnet Moskau alle bewaffneten Regierungsgegner als "Terroristen" und rechtfertigt damit massive Luftangriffe auf Aleppo.
Die Rebellen hatten in den vergangenen Wochen mehrmals versucht, den Belagerungsring des Regimes um den Osten der Stadt zu durchbrechen. Bei den Angriffen auf den von der Regierung kontrollierten Westen kamen nach UN-Angaben Dutzende Menschen ums Leben, unter ihnen auch viele Zivilisten. Im belagerten Ostteil gehen nach UN-Angaben inzwischen die Lebensmittel aus.