Syrien:Mit der Wahl Trumps könnten die Verheerungen in Syrien wachsen

Syrien: Anfang November laufen Regierungssoldaten im Zuge einer Gegenoffensive durch das von Rebellen gehaltene Hamdaniyeh-Viertel im Osten Aleppos.

Anfang November laufen Regierungssoldaten im Zuge einer Gegenoffensive durch das von Rebellen gehaltene Hamdaniyeh-Viertel im Osten Aleppos.

(Foto: AFP)

Wenn Trump wie angekündigt die Unterstützung der USA für die syrischen Rebellen beendet, kann Assad ungehindert seinen Plan durchsetzen: ganz Syrien zurückerobern und die Rebellen auslöschen.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Syriens Präsident Baschar al-Assad dient sich Donald Trump als "natürlicher Verbündeter" im Kampf gegen den Terrorismus an. Sein russischer Schutzpatron Wladimir Putin hofft, sagt er, auf enge Zusammenarbeit im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat.

In Damaskus und Moskau hört man aber noch viel lieber, dass der neue Herr im Weißen Haus die Unterstützung für die syrischen Rebellen beenden will - ungeachtet dessen, dass sie es sind, die gemeinsam mit kurdischen Milizen und US-Luftunterstützung gegen die Dschihadisten kämpfen, die Assad weithin unbehelligt lässt.

Der Syrer hofft nun, ungehindert von Druck aus Washington, Hand in Hand mit Russland und Iran, seinen Plan durchsetzen zu können. Er will ganz Syrien zurückerobern und die Rebellen auslöschen. Die neue Großoffensive ist der Auftakt dazu. Für die Menschen in dem geschundenen Land wird das ein Albtraum mit vielen Aleppos.

Assad will mit Hilfe der russischen Luftwaffe die Rebellengebiete in die Unterwerfung bomben. Die Ruinen in Aleppo erinnern nicht zufällig an Grosny. Und Moskau hat nicht zufällig gerade jetzt das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs gekündigt, der Kriegsverbrechen untersuchen könnte. Eine politische Lösung, die Putin ja angeblich anstrebte, wird unwahrscheinlich. Ein Ende des Krieges rückt aber auch nicht näher, wenn Trump die Rebellen fallen lässt.

Eine Politik der systematischen Vertreibung, Verwüstung und Ermordung

Die Gründe dafür liegen in Syrien: Das Regime betreibt seit Jahren eine Politik der systematischen Vertreibung, Verwüstung und Ermordung, die sich im Wesentlichen gegen die arabisch-sunnitische Bevölkerung richtet - mit drei Vierteln die große Mehrheit im Land. Gezielt werden Zivilisten und zivile Einrichtungen in Rebellengebieten attackiert - einer der Gründe, warum der IS stark wurde.

Der Aufstand gegen Assad wurde maßgeblich von konservativen Sunniten getragen. Assads schiitisch-alawitische Machtclique, die sich gerne das Mäntelchen eines säkularen Regimes überwirft und sich mit dem Schutz von Minderheiten brüstet, hat den größeren Teil des Volkes jahrzehntelang benachteiligt und unterdrückt.

Dabei standen nicht allein religiöse Gegensätze im Zentrum, sondern auch soziale und politische, zwischen privilegierten urbanen Eliten und dem verarmten Land. Assad hat mehr mit der sunnitischen (Groß-)Bourgeoisie gemein als die mit marginalisierten, oft islamistischen Glaubensbrüdern auf dem Dorf.

Erst 2012 wurde der Bürgerkrieg zu einem Konfessionskrieg

Ein bestimmender Faktor im Bürgerkrieg wurde die konfessionelle Trennlinie zwischen Sunniten und Schiiten erst 2012 mit dem Eingreifen Irans und der in der EU als terroristisch eingestuften Hisbollah an Assads Seite.

Heute kämpfen Tausende schiitische Dschihadisten aus Libanon, Irak oder Afghanistan für das Regime um Aleppo, kommandiert von iranischen Revolutionsgardisten. Assads Armee begnügt sich zum Ärger der Russen damit, an Checkpoints Kasse zu machen.

Geld und Waffen vom Golf und aus der Türkei haben islamistische Gruppen attraktiv gemacht für Rebellen, die verbittert darüber sind, dass ihnen der Westen nicht einmal half, als Assad Chemiewaffen einsetzte. Die allerwenigsten teilen die Ideologie von al-Qaida und ihrer syrischen Ableger. Spätestens seit Russlands Luftwaffe sie bombardiert, haben sie aber nicht mehr den Luxus, sich auszusuchen, wer an ihrer Seite gegen Assad kämpft.

Das wusste Russland, als es eine Trennung der Gruppen zur Bedingung für eine Waffenruhe erhob. Realistisch wäre das nur gewesen, hätte zugleich ein politischer Prozess absehbar ein Ende von Assads Herrschaft gebracht. Die USA wären die Garantiemacht dafür gewesen.

Regimegegner sind überzeugt, dass es für sie keine Amnestie geben wird

Putin kann mit Assad gut leben. Iran ist auf ihn angewiesen und kann seine Interessen in Syrien nicht wahren, sobald die Demografie sich auch im Machtgefüge spiegelt. Für die Rebellen ist es eine Frage von Leben und Tod, ob Assad an der Macht bleibt. Für Hunderttausende Flüchtlinge beantwortet sich daran die Frage, ob sie nach Syrien zurückkehren können oder nicht.

Fast alle Regimegegner sind überzeugt, dass Assad niemanden davonkommen lassen wird, der sich gegen ihn aufgelehnt hat; darum bleiben die Menschen in Ost-Aleppo. Die Rebellen werden eher im Kampf für den Sturz Assads sterben als in seinen Folterkellern, in denen Zehntausende krepieren.

Daran ändert sich nichts, wenn Trump den Rebellen künftig keine Panzerabwehrraketen mehr liefert oder das Geld streicht. Die Tragödie ist, dass die USA unter Trump als der politische Akteur ausfallen könnten, der sie in der Syrien-Krise entgegen der Propaganda aus Damaskus und Moskau immer zuallererst waren. In Syrien werden die Verheerungen wachsen. Profitieren werden davon allein al-Qaida und der "Islamische Staat".

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