Süddeutsche Zeitung

Syrien:Kurden ziehen sich aus Grenzstadt zurück

  • In der syrischen Grenzstadt Ras al-Ain kam es in den vergangenen Tagen trotz des Waffenstillstands zu Kämpfen.
  • Jetzt sollen jedoch alle kurdischen Kämpfer und Zivilisten abgezogen sein.
  • Die Feuerpause soll theoretisch bis Dienstag anhalten und so den Kurden Gelegenheit geben, sich aus der Region komplett zurückzuziehen.

Syrisch-kurdische Kämpfer sind aus der Stadt Ras al-Ain in Nordsyrien abgerückt. Die Evakuierung wurde am Sonntag abgeschlossen, wie ein Sprecher der kurdisch-geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) bekanntgab. In Ras al-Ain seien die Truppen jetzt nicht mehr mit Waffen präsent, und damit habe man einen Teil der Vereinbarung zur Kampfpause erfüllt. Die Feuerpause war unter dem Vermittler USA ausgehandelt worden. Der Abzug ebnet nun möglicherweise den Weg für einen breiteren Rückzug der kurdischen Kämpfer aus dem syrischen Grenzgebiet zur Türkei.

Besonders in der betreffenden Grenzstadt Ras al-Ain kam es in den vergangenen Tagen trotz der Pause zu Gefechten, kurdische Einheiten waren darin von türkisch-geführten Kräften umzingelt worden. Nun hätten die Kämpfer und Zivilisten die Stadt in Konvois verlassen, sagte ein Lokalbeamter der Nachrichtenagentur AP. Das türkische Verteidigungsministerium bestätigte den Rückzug. Die Evakuierungen erfolgten in enger Absprache mit den USA. Zu dem kurdischen Konvoi hätten 86 Fahrzeuge gehört, die Richtung Tal Tamr gefahren seien. Die türkischen Kräfte hätten dem Rückzug nicht im Wege gestanden.

Die USA haben die Kurden im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat unterstützt. Die Türkei stuft die kurdischen Milizen als Terroristen ein. Mit der Feuerpause war lediglich das Abrücken von Kämpfern vereinbart worden, nicht von kurdischen Zivilisten. Diese fürchten sich aber vor Vergeltungsangriffen syrischer, von der Türkei unterstützter Einheiten und verlassen die Region deshalb ebenfalls.

Nach der Evakuierung von Ras al-Ain wollen die SDF sich aus einer 120 Kilometer breiten und 30 Kilometer tiefen Zone zwischen Ras al-Ain und Tall Abjad weiter im Westen zurückziehen. Der Rückzug soll am Dienstag abgeschlossen sein, wie in der Feuerpause vereinbart wurde. Allerdings wurde die Kampfpause, die am Dienstag ebenfalls ausläuft, nicht vollständig eingehalten. Bei einem Verstoß auf kurdischer Seite kam nach Angaben aus Ankara ein türkischer Soldat ums Leben. Die Pause wurde dem Verteidigungsministerium zufolge etwa 20 Mal verletzt.

Innerhalb von anderthalb Wochen sind 165 000 Menschen durch die Kämpfe vertrieben worden

Humanitäre Helfer zeichnen ein dramatisches Bild von der Lage der betroffenen Menschen in Syrien. "Die vergangene Woche war ein totales Chaos für Hunderttausende Syrer", sagte Karl Schembri, Sprecher des Norwegischen Flüchtlingsrats (NRC), dem TV-Sender CNN International. "Sie leben in Angst und Unsicherheit, ohne zu wissen, wo die nächste Bombe explodieren wird", sagte Schembri.

In gut einer Woche sind nach jüngsten Angaben des UN-Nothilfsbüros Ocha mindestens 165 000 Menschen durch die Kämpfe vertrieben worden, darunter schätzungsweise 70 000 Kinder. "Mehr und mehr von ihnen werden in den benachbarten Irak und in andere Gegenden flüchten, die nicht darauf vorbereitet sind, vertriebene Familien aufzunehmen", sagte Schembri. Etwa 2400 Menschen hätten bereits die Grenze zum Irak überquert. Die Situation in syrischen Lagern sei dabei "extrem besorgniserregend", hatte Ocha am Freitag mitgeteilt.

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