Syrien:Kampfpanzer statt Totalabzug

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Das Weiße Haus erwägt, nun doch 500 US-Soldaten im Land zu lassen und schweres Gerät zu schicken. Sie sollen nach wie vor von den Kurden kontrollierte Ölfelder bewachen.

Von Paul-Anton Krüger, München

Wird den Wunsch des Pentagon erfüllen: Donald Trump. (Foto: Alex Brandon/AP)

Das Weiße Haus erwägt in einer weiteren Kehrtwende seiner Syrien-Politik, bis zu 500 Soldaten im Nordosten des Landes zu belassen. Sie sollen nach Angaben aus dem Pentagon verhindern, dass entlang der Grenze zum Irak gelegene Ölfelder in die Hand der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) fallen. Dazu sollen womöglich auch Dutzende Kampfpanzer und anderes schweres Gerät nach Syrien verlegt werden, berichtet das Wall Street Journal. Verteidigungsminister Mark Esper bestätigte die Pläne am Freitag in Brüssel. Äußerungen von Präsident Donald Trump lassen darauf schließen, dass er dem zustimmen wird, auch wenn er jüngst den vollständigen Abzug aller US-Soldaten aus dem Norden Syriens angeordnet hatte und damit der Türkei den Weg freigab für ihre Militäroffensive gegen die kurdischen YPG-Milizen.

Die fraglichen Gebiete sind nach wie vor unter Kontrolle kurdischer Einheiten und liegen außerhalb der 30-Kilometer-Zone, aus der sich die Kurden gemäß der von Russland und der Türkei vereinbarten Waffenruhe bis kommenden Dienstag zurückziehen sollen. Allerdings verlangen Russland und das Regime von Präsident Baschar al-Assad, dass die Ölquellen unter Kontrolle der Regierung in Damaskus gestellt werden müssten.

An mehreren Orten in Nordsyrien kam es trotz der vereinbarten Waffenruhe zu teils schweren Gefechten. So stießen türkische Truppen in mindestens einen Ort vor, den die syrische Armee kontrolliert hatte, und beschossen andere. Mit der Türkei verbündete Milizen der Syrischen Nationalarmee, darunter islamistische und dschihadistische Gruppen, griffen von den Kurden gehaltene Dörfer an. Die Türkei warf den Kurden vor, Einheiten in Ras al-Ain attackiert zu haben. Russland verlegte 300 zusätzliche Militärpolizisten nach Syrien, die gemeinsam mit türkischen Soldaten künftig in einem zehn Kilometer tiefen Streifen entlang des Großteils der Grenze patrouillieren sollen.

Wütend reagierte die Türkei auf Kontakte Washingtons mit dem kurdischen Generalkommandeur in Syrien, Maslum Abdi, auch unter dem Namen Kobani bekannt. Politiker beider Kongress-Parteien wollen ihn nach Washington einladen. Die türkische Regierung fordert indes, die USA müssten ihn ausliefern, sollte er ihr Staatsgebiet betreten. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu warnte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) davor, an diesem Samstag mit "erhobenem Zeigefinger" nach Ankara zu kommen. Maas hatte verlangt, die Türkei müsse in Nordsyrien Zivilisten schützen und "den politischen Prozess unterstützen, statt ihn zu torpedieren". Die SPD gab Maas am Freitag Forderungen nach einem harten Kurs mit auf den Weg nach Ankara. Fraktionschef Rolf Mützenich stellte die türkische Nato-Mitgliedschaft infrage, die Mitglieder hätten sich verpflichtet, das Völkerrecht zu achten. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen kritisierte den Vorstoß: Es sei "im strategischen Interesse Europas und Nordamerikas, dass die Türkei Nato-Partner bleibt".

© SZ vom 26.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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