Syrien:IS verschleppt Zivilisten

Syrien: Londons Außenminister Philip Hammond setzt auf die Türkei, um britische Dschihadisten an der Ausreise nach Syrien zu hindern.

Londons Außenminister Philip Hammond setzt auf die Türkei, um britische Dschihadisten an der Ausreise nach Syrien zu hindern.

(Foto: Stefan Rousseu/AFP)

Krieger des "Islamischen Staats" ermorden und entführen Hunderte Zivilisten bei erbitterten Kämpfen um die Stadt Deir al-Sor.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) soll in Syrien erneut mehr als 400 Zivilisten entführt haben. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, verschleppten die Dschihadisten ihre Opfer aus der ostsyrischen Provinzhauptstadt Deir al- Sor. Unter den Entführten seien Frauen und Kinder. Über ihr Schicksal ist nichts bekannt: Der IS ist dafür berüchtigt, dass er sowohl gefangene gegnerische Soldaten als auch männliche Zivilisten in Massen exekutiert, Frauen und Mädchen aber versklavt.

Die Menschen seien aus dem Vorort Al-Baghalijeh in IS-Hochburgen verschleppt worden. In Deir al-Sor, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, soll der IS zuvor bei einer Offensive mehr als 130 Menschen getötet haben. Darunter sollen mindestens 85 Zivilisten gewesen sein, aber auch 50 syrische Regierungssoldaten und Milizionäre. Möglicherweise wurden die Zivilisten hingerichtet. Deir al-Sor liegt rund 450 Kilometer nordöstlich der syrischen Hauptstadt Damaskus. Die Provinz hat Ölvorkommen, der IS finanziert sich in Teilen durch den Verkauf von geplündertem Öl.

Am Samstag hatte die für gewöhnlich sehr gut informierte Syrische Beobachtungsstelle mitgeteilt, der IS sei in den Norden von Deir al-Sor vorgerückt und habe den Vorort Al-Baghalijeh eingenommen. Damit kontrolliere der IS 60 Prozent des Großraums Deir al-Sor. Die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete hingegen, die Regierungstruppen hätten einen Angriff auf Al-Baghalijeh abgewehrt, der IS habe "hohe Verluste" erlitten.

Schwere Kämpfe meldete die Beobachtungsstelle auch aus der nordsyrischen Provinz Aleppo. Bei Luftangriffen seien rund 40 Zivilisten getötet worden. Die IS-Hochburg Raqqa sei ebenfalls bombardiert worden, so die Beobachtungsstelle. Unter den Toten seien Kinder. Der IS hatte Raqqa Anfang 2014 erobert und zur Hauptstadt seines "Kalifats" ernannt.

Unklar ist, ob die syrische oder die russische Luftwaffe bombardiert hat. Moskau ist mit dem syrischen Regime verbündet und fliegt seit September Angriffe. Der Westen wirft Moskau vor, damit Syriens Machthaber Baschar al-Assad an der Macht halten zu wollen. Neben dem IS werden auch immer wieder gemäßigte Aufständische Ziel russischer Luftangriffe.

Unterdessen versucht die britische Regierung, den Zustrom von Briten zum IS zu unterbinden. Rund 600 kampfbereite Dschihadisten seien von den Londoner Behörden an der Reise nach Syrien gehindert worden, sagte Außenminister Philip Hammond. Im Gegenzug hätten es allerdings auch 800 Personen seit 2012 in das Bürgerkriegsland geschafft, so der Minister; etwa die Hälfte von ihnen sei noch in Syrien.

Laut Hammond hat der verstärkte Fokus der Türkei auf die Bedrohung durch den IS dazu geführt, dass mehr Dschihadhisten an der Reise nach Syrien gehindert werden. Dabei spiele die verstärkte Zusammenarbeit Londons mit Ankara eine Rolle. Es falle der IS-Miliz inzwischen schwerer, Kämpfer anzuwerben. Ein Grund seien die Verluste ausländischer Kämpfer durch die internationalen Luftangriffe auf IS-Stellungen, so der britische Außenminister bei einem Besuch in der Türkei.

Die IS-Kräfte in Syrien seien inzwischen so ausgedünnt, dass ihre Präsenz in den von der Miliz kontrollierten Territorien schwach geworden sei. Großbritannien beteiligt sich seit Dezember an den US-geführten Luftangriffen gegen die IS-Miliz in Syrien. Auch im Nachbarland Irak fliegen britische Jets gemeinsam mit der arabisch-westlichen Anti-IS-Koalition Angriffe gegen die Islamistenmiliz.

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