Süddeutsche Zeitung

Syrien-Gespräche:Merkel und Hollande wollen Putin an seiner Ehre packen

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Beim Treffen in Berlin finden die Kanzlerin und der französische Präsident deutliche Worte für Putins Vorgehen in Syrien. Sie wollen Zweifel nach Moskau schicken. Doch feste Zusagen erreichen sie damit nicht.

Von Stefan Braun

Am Ende gibt es keine frohe Botschaft, kein kleines Signal der Hoffnung, nicht einmal die Nachricht, dass Wladimir Putin wenigstens darüber nachdenkt, die einseitig verkündete Waffenruhe doch auf ein oder zwei oder drei Tage auszudehnen. Wer sich erhofft hatte, nach einem langen Abend im Berliner Kanzleramt müsste zumindest ein kleiner Fortschritt herausspringen, ist enttäuscht worden. Als François Hollande und Angela Merkel gegen halb zwei vor die Presse treten, können sie nichts dergleichen vorweisen. Der leise erhoffte Erfolg - er ist ausgeblieben.

Merkel spricht von "unmenschlichen Bombardierungen"

Und doch wirken Merkel und Hollande fest entschlossen, ja beinahe zufrieden, als sie von der Begegnung mit Putin zum Thema Syrien berichten. Und das dürfte daran liegen, dass sie ihm ins Gesicht gesagt haben, ja sagen konnten, wie unverantwortlich sie Russlands Verhalten in Syrien finden. Merkel spricht von "unmenschlichen Bombardierungen", die nach allen Regeln des Völkerrechts als Verbrechen gewertet werden müssten; Hollande ergänzt sie mit der Aussage, für ihn seien die Flächenbombardements ohne jeden Zweifel Kriegsverbrechen. "Aleppo - das ist ein echtes Kriegsverbrechen", schimpft der Franzose. "Wieder eine Stadt, die ein Martyrium erlebt." Sollte Putin geglaubt haben, dieses klare Urteil würde ihm aus diplomatischer Vorsicht erspart bleiben, ist er enttäuscht zurück nach Moskau geflogen.

Zumal das nicht die einzige Botschaft ist, auf die Merkel und Hollande an diesem Abend Wert legen. Beide weisen Moskau eine umfassende Verantwortung für das zu, was Syrien derzeit in die Katastrophe führt. Merkel berichtet nicht nur von einer "sehr harten Aussprache". Sie betont darüber hinaus, dass sie in Moskaus Strategie keinerlei Sinn erkennen könne. Für sie sei nicht nachvollziehbar, wie man so auch nur eines der behaupteten Ziele erreichen wolle. Jedenfalls könne man mit Bombardements auf Hunderttausende hilflose Menschen weder die Terroristen von den Zivilisten trennen noch auf einen dauerhaften Erfolg hoffen oder gar glauben, man könne das Ganze irgendwann zu einem friedlichen Ende führen.

Zweifel nach Moskau schicken - das war ihr Ziel

Wenn sonst nichts mehr möglich erscheint, so wollen Merkel und Hollande Putin offenkundig an seiner Ehre und noch viel mehr an seinem Verstand packen. Frei nach dem Motto: Wie kann er nur glauben, dass das für Assad, für das Land, für die Region, für Russland und für ihn irgendwie gut ausgeht? Diese Zweifel nach Moskau zu schicken - das ist an diesem Abend ihr Ziel gewesen. Keine Botschaft der Waffen, keine offene Drohung mit neuen Sanktionen - Zweifel, Fragezeichen, ins Grübeln kommen, das soll endlich seine Kraft entfalten.

Tatsächlich deutete Putin schon bald darauf an, zu einer Verlängerung der einseitigen geltenden Waffenruhe bereit zu sein. Er habe seinen russischen Kollegen so verstanden, dass die Waffen wohl länger als die für Donnerstag angekündigten elf Stunden schweigen würden, sagte Hollande am frühen Morgen nach den Verhandlungen in Berlin. "Wir sind bereit, das zu tun, so lange es keine Kämpfe mit eingeschlossenen Rebellengruppen in Aleppo gibt", bekräftigte Putin.

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