Das Regime in Syrien hat für die Dauer des drei Tage währenden Fests des Fastenbrechens einseitig eine landesweite Waffenruhe ausgerufen. Diese gelte bis Mitternacht am Freitag, teilte die Armee mit. In diesen Tagen begehen die Muslime das Ende des Fastenmonats Ramadan; es ist Tradition, in dieser Zeit Verwandte zu besuchen und Zeit mit der Familie zu verbringen. Präsident Baschar al-Assad nutzte den Feiertag für einen seiner seltenen öffentlichen Auftritte außerhalb von Damaskus. Gemeinsam mit dem Großmufti von Syrien, Ahmed Badreddin Hassun, besuchte er am Mittwoch die Al-Safa-Moschee in Homs, wie die amtliche Agentur Sana berichtete. Das Fernsehen übertrug live. In den vergangenen Tagen hatte er schon zum Fastenbrechen Soldaten an der Front in Vororten von Damaskus besucht.
Die Kämpfe hatten zuletzt wieder annähernd jene Intensität erreicht, die sie vor der Ausrufung einer von den USA und Russland im Februar vermittelten Waffenruhe hatten. Vor allem in der Provinz Idlib, in der Region um Aleppo sowie in den Vororten von Damaskus gab es schwere Gefechte zwischen regierungstreuen Einheiten und Rebellen sowie der Nusra-Front, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida. Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, allein in den vergangenen 30 Tagen seien mindestens 1138 Zivilisten getötet worden, unter ihnen 249 Kinder. Auf einen Vorschlag des Hohen Verhandlungskomitees, dem wichtigsten Zusammenschluss der Opposition, für eine Waffenruhe während des gesamten Fastenmonats war das Regime nicht eingegangen.
Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, hat für Juli bislang keine Termine für weitere Verhandlungsrunden zwischen Opposition und Regime in Genf angesetzt. Das gab er Ende Juni bekannt, nachdem er den UN-Sicherheitsrat informiert hatte. Er ließ erkennen, dass Fortschritte in Richtung eines politischen Übergangs in Syrien nur zu erwarten seien, wenn sich die USA und Russland in dieser Frage verständigten.
Tausende Menschen seien vom Hungertod bedroht, warnt der UN-Nothilfekoordinator
Die beiden Außenminister John Kerry und Sergej Lawrow fungieren als Co-Vorsitzende der Internationalen Unterstützer-Gruppe für Syrien, die im vergangenen Herbst einen Rahmen für Friedensverhandlungen definiert hatte, den sich später der UN-Sicherheitsrat in einer Resolution zu eigen machte. Demnach sollte eigentlich im August eine einjährige Übergangsphase in Syrien beginnen, die in Wahlen münden sollte. Bislang gibt es aber in allen entscheidenden Punkten keine substanzielle Annäherung, insbesondere nicht bei der Frage nach der politischen Zukunft Baschar al-Assads.
Die UN hatten es zwar trotz vieler Widerstände des Regimes zuletzt geschafft, 18 der belagerten Orte in Syrien mit Konvois zu erreichen. Allerdings entfernten Regierungssoldaten immer wieder Medikamente und andere Hilfsgüter aus den Lastwagen, wie mit der Situation in Syrien befasste Diplomaten kritisierten. Der scheidende UN-Nothilfekoordinator in Syrien, Yacoub el-Hillo, warnte, Tausende Menschen in den eingeschlossenen Orten seien vom Hungertod bedroht. Hilfe müsse unverzüglich nach Madaya, Zabadani, Foua und Kafraya gelangen, sagte er. Madaya und Zabadani liegen nur wenige Kilometer von der Hauptstadt entfernt; das Regime riegelt sie ab. Foua und Kafraya, zwei überwiegend von Schiiten bewohnte Orte im Nordwesten, werden von islamistischen Rebellen-Gruppen belagert. Die letzten Hilfslieferungen erhielten die Menschen dort im April, davor waren sie teils ein Jahr ohne Versorgung.