Die islamistischen Rebellen in Syrien haben eigenen Angaben zufolge die Kontrolle über die Hauptstadt Damaskus übernommen. Nach 13 Jahren Bürgerkrieg ist damit die Herrschaft von Baschar al-Assad offenbar beendet. Assad hat Damaskus am frühen Morgen verlassen. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf syrische Offiziere in der Hauptstadt. Die Aufständischen drangen derweil in Damaskus ein und verkündeten die Befreiung der Stadt.
Die Regierungszeit von Assad sei beendet, hieß es auch von der staatlichen Armee. Dies habe das Armee-Kommando den Regierungssoldaten mitgeteilt und diese damit außer Dienst gestellt, erfuhren die Deutsche Presse-Agentur und Reuters aus syrischen Militärkreisen. Allerdings gibt es dazu widersprüchliche Meldungen.
Öffentliche Einrichtungen bleiben erst einmal unter Aufsicht des früheren Ministerpräsidenten
Nach den Worten seines Anführers Abu Muhammad al-Dschaulani will das Rebellenbündnis die Macht friedlich übernehmen. Öffentliche Einrichtungen in Damaskus „werden bis zur offiziellen Übergabe unter Aufsicht des früheren Ministerpräsidenten bleiben“, teilte Al-Dschaulani in sozialen Medien mit. Militärischen Kräften sei es strikt verboten, sich diesen Einrichtungen zu nähern, auch Schüsse dürften nicht abgegeben werden.
„Der Tyrann Baschar al-Assad ist geflohen“, teilten die Aufständischen in sozialen Medien mit. „Wir verkünden, dass die Hauptstadt Damaskus befreit wurde.“ Der 8. Dezember markiere „das Ende dieser dunklen Ära“ der Unterdrückung unter Assad und seinem Vater Hafis al-Assad, die das Land mehr als 50 Jahre regierten.
„Dies ist der Moment, auf den die Vertriebenen und die Häftlinge lang gewartet haben, der Moment der Heimkehr und der Moment von Freiheit nach Jahrzehnten der Unterdrückung und des Leids.“ Gerichtet an die Millionen Flüchtlinge, die durch den Bürgerkrieg vertrieben wurden, erklärten die Aufständischen: „An die Vertriebenen weltweit, ein freies Syrien erwartet euch.“
Im Zentrum von Damaskus ist Jubel ausgebrochen
Im Zentrum von Syriens Hauptstadt Damaskus ist nach der Flucht von Baschar al-Assad Jubel ausgebrochen. Anwohner klatschten demnach dort auf der Straße, berichteten Augenzeugen. In sozialen Netzwerken machten Videos von Menschen die Runde, die auf einen Panzer klettern und feierliche Gesänge anstimmen.
Der syrische Ministerpräsident Mohammed al-Dschalali plädiert für freie Wahlen in Syrien, damit die Menschen über die Führung des Landes entscheiden können. Das sagte er in einem Interview mit dem Sender Al-Arabija. Er sei in Kontakt mit dem Rebellen-Kommandanten Abu Muhammad al-Dschaulani, um zu besprechen, wie eine Übergangsperiode organisiert werden könne.
Israel reagiert auf dem Sturz von Assad
Die Vorgänge in Syrien werden auch im Nachbarland Israel aufmerksam beobachtet. Die israelische Armee hat bereits Streitkräfte in die Pufferzone auf den besetzten Golanhöhen verlegt. Der Schritt sei „in Übereinstimmung mit der Lageeinschätzung nach den jüngsten Ereignissen in Syrien“ erfolgt, hieß es in einer Mitteilung der Armee. Es seien Truppen „in der Pufferzone und mehreren anderen für die Verteidigung notwendigen Orten“ positioniert worden. Ziel sei es, „die Sicherheit der Ortschaften auf den Golanhöhen und der Bürger Israels zu gewährleisten“. Weiter hieß es: „Wir betonten, dass die israelische Armee sich nicht in die internen Ereignisse in Syrien einmischt.“ Das Militär werde so lange in der Pufferzone verbleiben, wie dies für die Sicherheit Israels und seiner Bürger notwendig sei.
Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid rief nach dem Sturz Assads auf der Plattform X bereits zu einem neuen regionalen Bündnis auf. Dies solle neben Saudi-Arabien die arabischen Länder umschließen, die mit Israel die sogenannten Abraham-Verträge geschlossen hatten. Ziel sei es, „gemeinsam mit der regionalen Instabilität umzugehen“.
Die sogenannte „Achse des Widerstands“ aus Israels Erzfeinden Iran, Syrien und verschiedenen Milizen wie der Hisbollah in Libanon sei erheblich geschwächt. „Israel muss nach einem umfassenden diplomatischen Erfolg streben, der auch in Gaza und Judäa und Samaria (Westjordanland) helfen wird“, schrieb Lapid.
Am 27. November war der Bürgerkrieg in Syrien mit der Offensive der Islamisten-Allianz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) plötzlich wieder aufgeflammt. Innerhalb kurzer Zeit übernahmen die Aufständischen die Kontrolle über viele Orte, darunter Aleppo und Hama, weitgehend kampflos.