Süddeutsche Zeitung

Syrien:Die USA und Russland sind mit den Worten am Ende

  • Die Gespräche zwischen den USA und Russland zu einer Waffenruhe in Syrien sind ausgesetzt.
  • Das US-Außenministerium begründete den Schritt unter anderem damit, Moskau habe seine Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht nicht erfüllt.
  • Zuletzt war Russland vorgeworfen worden, zivile Ziele in Syrien anzugreifen.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die USA haben im Bemühen um eine Waffenruhe in Syrien ihre bilateralen Kontakte mit Russland ausgesetzt. Das teilte das Außenministerium am Montagabend in Washington mit. Die USA hätten keinen Versuch ausgelassen, Regelungen zu finden, mit denen sich die Gewalt in Syrien reduzieren lasse, die Lieferung humanitärer Hilfe gewährleistet würde und Terrorgruppen wie der Islamische Staat (IS) und al-Qaida in Syrien bekämpft werden könnten. Russland habe aber seine Verpflichtungen nicht erfüllt, die sich unter anderem aus der von Moskau mitgetragenen UN-Sicherheitsratsresolution 2254 ergeben und aus dem humanitären Völkerrecht, erklärte das Ministerium weiter.

Die Resolution verlangt von allen Kriegsparteien, Zugang für Hilfstransporte zu gewährleisten. Die USA beschuldigen Russland, am 19. September bei Aleppo einen Konvoi des Roten Halbmonds und der UN bombardiert zu haben, was maßgeblich zum Zusammenbruch der von US-Außenminister John Kerry und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow nur zehn Tage zuvor ausgehandelten Waffenruhe beitrug. Das syrische Regime unter Baschar al-Assad blockiert nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 80 Prozent aller geplanten Transporte. Stattdessen, so kritisierte das US-Außenministerium weiter, verfolgten Russland und das von ihm unterstützte syrische Regime einen militärischen Kurs, wie ihre massiven Luftangriffe auf zivile Ziele zeigten, vor allem im belagerten Ostteil von Aleppo.

Russische und syrische Flugzeuge bombardierten am Sonntag ein Krankenhaus

Kerry hatte Moskau vergangene Woche mehrmals mit dem Abbruch der Gespräche gedroht, nachdem die russische Luftwaffe und das Regime eine Großoffensive gestartet hatten, die zum Ziel hat, die von Rebellen kontrollierten Teile Aleppos sturmreif zu bombardieren und einzunehmen. Am Wochenende forderte die syrische Armee die Rebellen in Aleppo erneut auf, zu kapitulieren. Hunderte Zivilisten wurden seit Beginn der Attacken vorvergangene Woche getötet. Dabei warfen russische und syrische Kampfflugzeuge bunkerbrechende Waffen, Streumunition und Brandbomben über Wohngebieten ab.

Am Sonntag bombardierten sie erneut das wichtigste der nur mehr drei noch teilweise funktionsfähigen Krankenhäuser für die 275 000 im Ostteil Aleppos eingeschlossenen Menschen - zum dritten Mal in einer Woche. Die Angriffe haben laut UN-Nothilfekoordinator Stephen O'Brien die medizinische Versorgung an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Auch ein in einem Berg verborgenes, gut geschütztes Krankenhaus in der Provinz Hama wurde durch Luftangriffe so stark beschädigt, dass es seinen Betrieb einstellen musste.

Noch am Montagmorgen hatte Lawrow laut der Agentur Itar-Tass mitgeteilt, es sei wichtig, die Übereinkunft mit den USA nicht scheitern zu lassen. Kerry hatte in den vergangenen Tagen mehrmals mit ihm telefoniert. Die Angriffe auf Aleppo, die schwersten seit Anfang des Bürgerkriegs im Jahr 2011, gingen aber unvermindert weiter. Am Montagabend dann erklärte eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, Washingtons Tatenlosigkeit habe dazu geführt, "dass sich die Kämpfer neu formieren konnten, Waffen erhalten haben und ihre Ressourcen mobilisiert haben."

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SZ vom 04.10.2016
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