Syrien:Assad-Regime soll Chemiewaffen im Land verteilen

Syrien: Kontrolle syrischer Chemiewaffen: Wie ernst ist es Syriens Präsident Baschar al-Assad damit?

Kontrolle syrischer Chemiewaffen: Wie ernst ist es Syriens Präsident Baschar al-Assad damit?

(Foto: AFP)

Syrien beantragt bei den UN die Aufnahme in die Chemiewaffenkonvention. Doch die USA und andere westliche Staaten hegen Zweifel. Ein amerikanischer Zeitungsbericht könnte ihre Bedenken nähren: Danach lagert das Regime seit einiger Zeit Giftgasbestände an Dutzenden Orten.

Syrien hat im Konflikt um seine Giftgasbestände eingelenkt. Das Land hat bei den UN Aufnahme in die Chemiewaffenkonvention beantragt und zeigt sich bereit zur Kooperation - um so einem US-Militärschlag zu entgehen

Doch will das Regime von Präsident Baschar al-Assad seine C-Waffen tatsächlich an die internationale Gemeinschaft übergeben - oder nur Zeit gewinnen? Nicht nur die USA, sondern auch andere westliche Staaten und die syrische Opposition hegen Zweifel daran, wie ernst es der Regierung in Damaskus ist. Gestützt werden könnten sie durch aktuelle Berichte über Verlagerungen der syrischen Giftgasbestände.

So soll eine geheime Militäreinheit einem Medienbericht zufolge Teile des syrischen C-Waffenarsenals in dem Land verteilt haben. Die Bestände seien von der Elitetruppe an mindestens 50 verschiedene Orte gebracht worden, berichtet das amerikanische Wall Street Journal unter Berufung auf Regierungsvertreter aus den USA und dem Nahen Osten. Seit Monaten würden die Waffen immer wieder verlagert, um ihren aktuellen Standort zu verschleiern. Die Geheimdienste der USA und Israels gingen aber trotzdem noch davon aus, die meisten Lagerstätten zu kennen.

US-Regierungsvertreter sagten der Zeitung zufolge, die USA schätzten den syrischen Bestand an biologischen und chemischen Kampfstoffen auf mindestens 1000 Tonnen. Über Jahre hinweg seien die B- und C-Waffen an einigen wenigen Standorten im Westen Syriens gelagert worden, hieß es demnach aus Washingtoner Regierungskreisen. Vor etwa einem Jahr habe die syrische Führung dann aber deren Verteilung im ganzen Land angeordnet.

Giftgas wird ins Ausland gebracht, behauptet die Opposition

Ziel sei es gewesen, den Vereinigten Staaten einen Militärschlag zu erschweren. Die Aktion wecke aber auch Zweifel an der Umsetzung des russischen Plans, nach dem Syrien seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle stellen soll, hieß es weiter.

Die syrische Opposition berichtete, das Assad-Regime habe angefangen, seine Giftgasbestände außer Landes zu bringen. "Wir haben Informationen darüber, dass das Regime begonnen hat, chemische Materialien und Chemiewaffen in den Libanon und den Irak zu bringen", sagte Selim Idriss, Oberbefehlshaber der Freien Syrischen Armee, dem US-Nachrichtensender CNN am Donnerstag.

CNN konnte die Information nach eigenen Angaben allerdings nicht verifizieren. Mehrere namentlich nicht genannte hochrangige Israelis sagten dem Sender jedoch, dass sie keine Bewegungen in den Libanon oder den Irak beobachtet hätten. Zudem wäre es ihrer Ansicht nach für die Syrer nicht sinnvoll, die Waffen schon so frühzeitig zu transportieren.

Der Irak selbst bestritt dem Bericht zufolge kategorisch, dass syrische Chemiewaffen auf sein Staatsgebiet gebracht worden seien.

Die USA und Russland beraten derzeit in Genf über die Vernichtung der syrischen Chemiewaffenbestände. In der ersten Runde ihrer Gespräche konnten sie offenbar noch keine Einigung erzielen. Bei mehreren Teilaspekten seien Differenzen nicht ausgeräumt worden, hieß es aus diplomatischen Kreisen. Die Verhandlungen, die eigentlich am Freitag abgeschlossen werden sollten, könnten am Wochenende fortgesetzt werden, hieß es.

US-Außenminister John Kerry und der russische Außenminister Sergej Lawrow seien weiter bemüht, sich über einen Zeitplan für die Vernichtung der syrischen Giftgasarsenale und eine entsprechende Resolution des UN-Sicherheitsrates zu verständigen.

Kerry hatte Donnerstagabend zum Auftakt der Gespräche erklärt, Syrien müsse seine Chemiewaffen rasch übergeben. Die übliche Frist von einem Monat zur Offenlegung der Arsenale nach einem Beitritt zur internationalen Chemiewaffenkonvention könne Damaskus nicht gewährt werden. Zudem wollen die USA, dass Syrien in einer UN-Resolution Zwangsmaßnahmen angedroht werden, falls es die Vernichtung der Waffen behindert oder nicht sämtliche Bestände offenlegt. Das lehnt Moskau ab.

Die Regierung in Washington wirft dem Assad-Regime vor, am 21. August in zwei von den Aufständischen kontrollierten Gebieten nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus einen Giftgasangriff durchgeführt zu haben. Bei der mutmaßlichen Chemiewaffenattacke starben Hunderte Menschen, darunter auch viele Kinder.

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