Syrien:Annan will Assad-Anhänger in Übergangsregierung einbinden

Die Gewaltorgie in Syrien soll mit einem Plan des UN-Sondergesandten Annan beendet werden: durch eine Regierung der nationalen Einheit. Doch das Töten dauert an. In Damaskus ermorden Unbekannte einen Führer der Hamas. Die radikalen Palästinenser beschuldigen Israel, hinter der Tat zu stecken.

Im Bemühen um ein rasches Ende der Kämpfe in Syrien schlägt der internationale Sondergesandte Kofi Annan die Einsetzung einer Übergangsregierung mit Vertretern von Regierung und Opposition vor. Annans Plan habe die Unterstützung der fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat, berichteten UN-Diplomaten am Mittwoch. Er soll demnach im Detail auf dem für Samstag in Genf geplanten Treffen der internationalen "Syrien-Aktionsgruppe" beraten werden.

Lösung für Syrien? UN-Sondergesandter Kofi Annan

Lösung für Syrien? UN-Sondergesandter Kofi Annan

(Foto: AFP)

Laut den Diplomaten könnten in der neuen Übergangsregierung Anhänger von Präsident Baschar al-Assad und Vertreter der Opposition sitzen. Ausgeschlossen bleiben sollten nach dem Vorschlag Annans aber alle Vertreter, deren "Anwesenheit dem Übergang schaden, die Glaubwürdigkeit der Regierung gefährden oder die Versuche zur Versöhnung untergraben" könnten. Einem UN-Diplomaten zufolge könnte dies bedeuten, dass Assad, aber auch einige Vertreter der Opposition der neuen Regierung nicht angehören dürften. Ein automatischer Ausschluss des syrischen Machthabers sei jedoch nicht vorgesehen.

"Die Russen haben Annan signalisiert, dass sie seinen Übergangsplan akzeptieren", sagte ein Diplomat zu Reuters. Das bedeute aber nicht, dass sie Assad fallenlassen würden, sagte ein anderer UN-Diplomat in New York. "Ich bin sehr skeptisch", sagte er, "ich glaube nicht, dass die Russen Assad aufgeben." Russland hat einen Machtwechsel in Syrien nicht ausgeschlossen, wehrt sich aber gegen einen aus seiner Sicht von außen aufgedrängten Sturz der Regierung. Eine Entscheidung über das politische Schicksal Assads müsse vom syrischen Volk ausgehen und nicht durch äußeren Druck erzwungen werden, lautet die offizielle Position Russlands.

Nach Angaben der Diplomaten hat Annan seine neuen "Leitlinien für einen Übergang" in Syrien bereits an alle Teilnehmer der Genfer Konferenz verschickt. Zu ihnen gehören unter anderem die Außenminister der Vetomächte Russland, China, Frankreich, Großbritannien und die USA sowie Vertreter arabischer Staaten, der Türkei und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

Nicht vertreten sein werden dagegen der Iran als enger Verbündeter der syrischen Führung und Saudi-Arabien, das die syrische Opposition unterstützt. UN-Sprecher Martin Nesirky kündigte jedoch an, dass Annan den Iran über die Beratungen informieren werde. Damit wolle Annan sicherstellen, dass Teheran an der Suche nach einer Lösung beteiligt bleibe. Gegen eine Teilnahme des Iran hatten sich vor allem die USA ausgesprochen.

Assad sieht sich seit März 2011 landesweiten Protesten ausgesetzt, die er blutig niederschlagen lässt. Nach Angaben der Opposition wurden seither fast 16.000 Menschen getötet. Ein Sechs-Punkte-Plan Annans zur Überwindung der Krise erwies sich bislang als wirkungslos.

Hamas zieht die Israelis hinter Attentat

In Syrien ging in der Zwischenzeit das Morden weiter. Unbekannte sollen in einem Vorort der Hauptstadt Damaskus einen ranghohen militärischen Vertreter der islamistischen Hamas-Bewegung getötet haben. Die Täter seien am Mittwoch in das Haus des in Syrien lebenden Hamas-Mitglieds Kamal Hussein Ghannadscheh im Vorort Kudsaja eingedrungen und hätten ihn ermordet, sagte ein Mitglied der Palästinenserorganisation der Nachrichtenagentur AFP. Die Hamas vermutet den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad hinter der Tat.

Nach Angaben des im Libanon lebenden Hamas-Mitglieds war Ghannadscheh einer der Stellvertreter von Hamas-Führer Mahmud al Mabhuh, der im Januar 2010 tot in einem Luxushotel in Dubai aufgefunden worden war. Die Behörden des Emirats beschuldigten damals ebenfalls den Mossad, Mabhuh ermordet zu haben, Israel wies die Vorwürfe stets zurück. Die im Gazastreifen regierende Hamas wurde jahrelang von der syrischen Führung gegen Israel unterstützt.

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