SyrienMehr als tausend Tote bei Kämpfen

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Angehörige und Nachbarn nehmen in dem Dorf Al-Janoudiya westlich von Idlib an einem Trauerzug für vier syrische Sicherheitskräfte teil, die bei Zusammenstößen mit Anhängern des gestürzten Präsidenten Assad in der syrischen Küstenregion getötet wurden.
Angehörige und Nachbarn nehmen in dem Dorf Al-Janoudiya westlich von Idlib an einem Trauerzug für vier syrische Sicherheitskräfte teil, die bei Zusammenstößen mit Anhängern des gestürzten Präsidenten Assad in der syrischen Küstenregion getötet wurden. (Foto: Omar Albam/dpa)

Syrische Sicherheitskräfte liefern sich schwere Gefechte mit Anhängern des gestürzten Langzeitherrschers Assad. Menschenrechtler sprechen von Massakern, mehr als 740 alawitische Zivilisten sollen getötet worden sein.

Dem Ausbruch der Gewalt in Syrien zwischen Anhängern des gestürzten Langzeitherrschers Baschar al-Assad und den neuen Machthabern sind nach Schätzung von Aktivisten bereits mehr als 1000 Menschen zum Opfer gefallen. Sicherheitskräfte der islamistischen Übergangsregierung hätten dabei regelrechte „Massaker“ unter den Angehörigen der religiösen Minderheit der Alawiten angerichtet, zu der auch Ex-Präsident Assad gehört.

Unter den Getöteten seien 745 Zivilisten, 125 Mitglieder der syrischen Sicherheitskräfte sowie 148 Kämpfer, die Assad loyal gegenüberstehen, teilte die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstagabend mit. Am Samstag war von „mindestens 304 Zivilisten“ die Rede gewesen. Es handle sich um die schlimmsten Gewalttaten seit Jahren, sagte der Leiter, Rami Abdulrahman. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Unter den Toten sollen auch Frauen und Kinder sein

Das Blutvergießen hatte am Donnerstag begonnen. Laut der neuen Machthaber hatten bewaffnete Anhänger der gestürzten Assad-Regierung Sicherheitskräfte in der Nähe der Küstenstadt Dschabla in der mehrheitlich von Alawiten bewohnten Provinz Latakia überfallen. Die Angriffe der Aufständischen schienen koordiniert zu sein, schrieb das Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington. Am Freitag verlegte die Übergangsregierung deswegen größere Truppenkontingente in die Region. Seitens der Regierungstruppen seien Artilleriegeschütze, Panzer und Raketenwerfer eingesetzt worden, hieß es.

Vor allem Alawiten hätten Angst, sagte ein Bewohner. „Es gibt viele Übergriffe und Tötungen aufgrund der Religionszugehörigkeit. Es kommt auch zu Diebstählen“, schilderte er. Unter den Todesopfern seien auch Frauen und Kinder, berichtete die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die den Konflikt über ein Netzwerk von Informanten verfolgt. Sie sprach von Massakern in 29 Orten der Gouvernements Latakia, Tartus, Hama und Homs und warf Kämpfern der islamistischen Übergangsregierung Kriegsverbrechen vor.

Die Anhänger des gestürzten Assad würden versuchen, diese Morde zu nutzen, um Minderheitengruppen zu mobilisieren, heißt es in einem Bericht des ISW. Vor allem unter den Alawiten wachse das Gefühl, dass die Interimsregierung der neuen islamistischen Machthaber sie unterdrückt und ausgrenzt. Für Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa sind die Auseinandersetzungen die erste große Prüfung. Der frühere Rebellenchef hatte sich am Freitagabend an die Bevölkerung gewandt und erklärt, Überbleibsel der Ex-Regierung hätten mit ihren Angriffen versucht, „das neue Syrien zu testen“.

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