OVG-Entscheid:Richter sehen keine Gefährdung bei Abschiebung nach Syrien

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Das Gericht in Münster entschied, dem Kläger drohe in seiner Heimat weder politische Verfolgung noch eine Bedrohung durch Bürgerkrieg. (Foto: Guido Kirchner/DPA)

Bisher dürfen Syrer nicht aus Deutschland in ihre Heimat abgeschoben werden. Ein Urteil zum Schicksal eines Mannes stellt diesen Grundsatz nun infrage.

Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster zum Schutzstatus eines Syrers hat weitreichende Fragen aufgeworfen und scharfe Kritik ausgelöst. Das Gericht hatte in seinem Urteil festgehalten, dass in Syrien für Zivilisten „keine ernsthafte, individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts“ mehr bestehe. Der Kläger in dem Verfahren war vor seiner Einreise nach Deutschland in Österreich zu einer Haftstrafe verurteilt worden, weil er an der Schleusung von Menschen aus der Türkei nach Europa beteiligt gewesen war.

Das Oberverwaltungsgericht führte aus, ihm drohe in Syrien keine politische Verfolgung. Von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei er wegen seiner vor der Einreise begangenen Straftaten ausgeschlossen. Auch die Voraussetzungen für subsidiären Schutz seien nicht gegeben. Dieser eingeschränkte Schutz gilt für Menschen, die nicht als individuell verfolgte Flüchtlinge anerkannt werden, aber stichhaltige Gründe liefern, warum ihnen bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland ernsthafte Schäden – etwa durch Bürgerkrieg – drohen.

Justizminister Buschmann findet die Entscheidung nachvollziehbar

Für Syrien waren die Behörden in Asylverfahren bislang im Regelfall von einer solchen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit von Zivilisten ausgegangen. Im Falle des Klägers, der aus der Provinz Hasaka stammt, sah das Gericht dies weder in dessen Heimatregion im Nordosten noch in Syrien allgemein als gegeben an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Logik dahinter sei, dass man sich immer genau anschauen müsse, wer in welchen Teil Syriens abgeschoben werden könne, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Dienstag in Berlin zu möglichen Konsequenzen. „Man kann eben nicht mehr pauschal sagen, dass die Sicherheitslage im gesamten Land überall gleich ist, sondern es muss genau hingeschaut werden.“ Buschmann sagte, dies sei eine Entscheidung des Gerichts, „die man nachvollziehen kann, wenn man davon ausgeht, dass es mittlerweile auch in diesem Land Regionen gibt, die sehr gefährlich sind, aber auch andere Regionen gibt, wo nicht zwingend Gefahr für Leib und Leben besteht“.

Die Innenminister der Länder sind sich längst einig

Die rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl, Wiebke Judith, dagegen kritisierte: „Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entscheidet an der Realität in Syrien vorbei.“ Einschlägige Quellen wie der Lagebericht des Auswärtigen Amtes zeigten, dass es weiterhin „eine beachtliche Konfliktlage“ gebe. Hinzu komme, dass praktisch niemand vor dem „Folterregime des Diktators Assad“ sicher sei.

„Grundsätzlich prüfen das Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fortlaufend die Entscheidungspraxis auf der Grundlage der verfügbaren Quellen“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage. Zu diesen Quellen gehörten insbesondere auch Gerichtsentscheidungen, wobei Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte insoweit eine bedeutende Rolle zukomme. Bei der Innenministerkonferenz im Juni hatte Einigkeit darüber bestanden, dass Straftäter und islamistische „Gefährder“ künftig wieder nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden sollten – womöglich über Nachbarländer.

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