Katholische Kirche:Viele reden, einer entscheidet

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Hörten vor allem zu: Das Synoden-Präsidium mit Synoden-Sekretär Kardinal Mario Grech (dritter von rechts) in Prag. (Foto: Michal Krumphanzl/Imago)

In Prag ist die erste gesamteuropäische Versammlung der katholischen Kirche zu Ende gegangen. Ein großer Wurf kam dabei nicht heraus - die Kritik ist dafür deutlich.

Von Annette Zoch

"Mach den Raum deines Zeltes weit", heißt es im Alten Testament beim Propheten Jesaja. Unter diese Überschrift hat der Vatikan auch die zweite Etappe des sogenannten synodalen Prozesses für die Weltkirche gestellt. Das Zelt steht für die römisch-katholische Kirche - alle sollen drunter passen, ein Raum der Gemeinschaft und Begegnung soll es werden. Gläubige weltweit sollen sich unter diesem Zeltdach über eine Erneuerung der Kirche austauschen, so hatte sich Papst Franziskus das vorgestellt. Vor allem gehe es darum, besser aufeinander zu hören, sagt Franziskus: "Dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet."

Seit vergangenem Jahr haben die Ortskirchen in den verschiedenen Ländern Anregungen von ihren Gläubigen gesammelt und beim Synodensekretariat eingebracht. An diesem Donnerstag nun ist die erste gesamteuropäische Versammlung der katholischen Kirche in Prag zu Ende gegangen, inklusive Laien.

Ein vorläufiges Abschlussdokument wurde nur verlesen, einen schriftlichen Text soll es erst später geben. Der große Wurf ist es offensichtlich nicht geworden. Der Schweizer Bischof Felix Gmür kritisierte die Ergebnisse als "zu vage", der deutsche Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing sagte, er sehe die Kirche noch nicht "in einem neuen Pfingsten": "Wie konkrete Fragen für die Kirche gelöst werden können, sagt das Dokument nicht", heißt es in der Stellungnahme der deutschen Delegation.

Einigen kam das Thema sexueller Missbrauch zu kurz

Dissens zwischen den 39 europäischen Delegationen gibt es zum Beispiel bei Themen wie der Weihe von Frauen oder der katholischen Sexuallehre. Einigkeit bestehe aber darin, dass die synodale Form des Beratens und Entscheidens in der Kirche weiterentwickelt werden solle. Sprich: Es soll mehr Mitsprache geben.

Papst Franziskus hatte den weltweiten synodalen Prozess Anfang Oktober 2021 eröffnet. Ganz am Ende, im Oktober 2024, soll er in eine Bischofssynode münden, die wiederum ein Schlussdokument verfasst und dem Papst vorlegt. Was er davon umsetzt, entscheidet dieser aber dann ganz allein.

Mit dem Synodalen Weg in Deutschland, der Reformdebatte zwischen Klerikern und Laien, hat der weltkirchliche synodale Prozess erstmal nichts zu tun. Der deutsche Synodale Weg wurde schon Ende 2019 auf Basis von Forschungsergebnissen zum Missbrauchsskandal gestartet. Beim deutschen Synodalen Weg geht es zudem viel stärker ans Eingemachte, es wird übers Priesterbild gesprochen, über den Zölibat, über Ämter für Frauen, über die katholische Sexuallehre, über Macht und Gewaltenteilung.

Genau das erzürnt im Vatikan die Gemüter, die Kritiker am Synodalen Weg sind zahlreich. Sie fürchten grundlegende Veränderungen an der katholischen Lehre. Am Ende des deutschen Synodalen Wegs wird sogar nach Mehrheitsprinzip abgestimmt - das allerdings, sagen Kirchenrechtler, ist nur eine Beteiligungssimulation, rechtlich bindend ist nämlich am Ende kein Beschluss und über viele Punkte kann eben nur der Papst entscheiden.

Bei der vatikanischen Weltsynode wird dann auch konsequent vor allem vorgetragen und zugehört, aber nicht diskutiert. In Prag durften die Delegationen nacheinander ihre Statements vortragen, dazwischen gab es viele Gebete und Stuhlkreise.

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Mehreren Rednern kam das Thema sexueller Missbrauch zu kurz. Bätzing warb für den deutschen Reformprozess: Ausgangspunkt sei die Erkenntnis, dass es beim sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche systemische Ursachen des Machtmissbrauchs gegeben habe. Die katholische Kirche in Deutschland sei deshalb "entschlossen, Konsequenzen zu ziehen: spirituelle und strukturelle". Die deutsche Delegation kritisierte zudem, dass Betroffene sexuellen Missbrauchs auf der Versammlung nicht sprechen durften.

Ähnlich argumentierte auch die irische Delegation: "Der Missbrauch bleibt eine offene Wunde, wenn er nicht umfassend angegangen wird", hieß es in ihrer Stellungnahme. Der Prager Erzbischof Jan Graubner indes hatte beim Eröffnungsgottesdienst nur von "einigen Skandalen" durch Männer der Kirche gesprochen, insgesamt äußerten sich vor allem die osteuropäischen Delegationen beim Thema Missbrauch defensiv.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, kritisierte das Festhalten der Kirche an starren Geschlechterrollen: Das "sture Beharren" darauf und ein "Festzurren von Frauen auf den Raum außerhalb der Weiheämter" treibe gerade junge Frauen aus der Kirche, sagte sie. Stetter-Karp und all die anderen Laien, wie die Nicht-Kleriker in der Kirche heißen, reisen nun wieder nach Hause. Nicht aber die Bischöfe: Die bleiben noch bis Samstag unter sich und beraten weiter.

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