Kurz vor der Wahl am 3. November kann US-Präsident Donald Trump noch einen wichtigen Sieg verbuchen: Der US-Senat bestätigte am Montagabend (US-Zeit) die strenggläubige Katholikin Amy Coney Barrett als Richterin am Supreme Court. 52 Republikaner votierten für die 48-jährige Juristin, 47 Demokraten sowie eine republikanische Senatorin stimmten gegen die Personalie. Unmittelbar nach dem Senatsvotum durchlief Coney Barrett die erste Stufe des Vereidigungsverfahrens und legte auf dem Rasen vor dem Weißen Haus den Eid auf die Verfassung ab. Am Dienstag wird sie dann laut Supreme Court vom Vorsitzenden Richter John Roberts offiziell vereidigt.
Die Richterinnen und Richter für das Oberste Gericht werden vom Präsidenten nominiert und vom Senat ernannt. Die Republikaner haben im Senat eine Mehrheit und benötigten bei der Abstimmung keine Unterstützung von demokratischen Senatoren. Am Sonntag hatten sie einmal mehr Einwände der Demokraten gegen die Bestätigung Barretts überstimmt. Die Demokraten hatten argumentiert, über die Nachfolge der im September verstorbenen Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg solle der Sieger der Präsidentschaftswahl am 3. November entscheiden.
Die Republikaner dagegen wollten die Chance nutzen, auf Jahre hinaus eine stabile konservative Mehrheit am Obersten Gericht sichern zu können. Mit Barrett bekommen sie am Obersten Gericht die dominierende Mehrheit von sechs der neun Sitze.
Eine Abtrünnige in den Reihen der Republikaner
Am Samstag hatte die republikanische Senatorin von Alaska, Lisa Murkowski, angekündigt, für Barrett zu stimmen. Der von der Parteiführung hastig vorangetriebene Prozess um die Ginsburg-Nachfolge sei ihr zwar zuwider, sie habe aber nichts gegen Barrett selbst, sagte sie. Die einzige Republikanerin, die sich bis zuletzt querstellte, war Senatorin Susan Collins, die am 3. November in Maine selbst zur Wiederwahl steht.
Die Demokraten hatten bis zuletzt gewarnt, dass mit Barrett im Obersten Gericht die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama fallen könnte und damit Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung verlieren würden. Die Trump-Regierung unternimmt gerade einen weiteren Versuch, die Reform vor dem Obersten Gericht zu kippen, die erste Verhandlung steht in der Woche nach der Präsidentenwahl an. Trump sagte erst vergangene Woche, er hoffe, dass das Gericht "Obamacare" abschaffen werde. Er selbst kündigt schon seit Jahren einen eigenen Plan für das Gesundheitswesen an, hat ihn aber immer noch nicht vorgestellt.
Die Demokraten befürchten auch, dass mit Barrett und der konservativen Dominanz am Supreme Court auch das Recht auf Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe in Gefahr sein könnten. In ihrer mehrtägigen Anhörung hielt sich Barrett zu den kontroversen Fragen konsequent bedeckt. Unter anderem wollte sie nicht sagen, ob aus ihrer Sicht das Recht auf Abtreibung oder gleichgeschlechtliche Ehe von der Verfassung gedeckt ist. Sie selbst ist als Abtreibungsgegnerin bekannt - versicherte aber, dass persönliche Ansichten keine Rolle bei ihren Entscheidungen spielen würden.
Die Demokraten waren zusätzlich empört, weil die Republikaner im Senat Anfang 2016 Obamas Kandidaten für das Oberste Gericht sogar eine Anhörung verweigert hatten. Sie verwiesen dabei darauf, dass man in einem Wahljahr erst den Willen des Volkes erfahren müsse. Jetzt nahmen sie bei Barrett wieder Abstand von dieser Position.