Süddeutsche Zeitung

Super Tuesday:Chris Christie unterwirft sich Trump

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Von Hakan Tanriverdi, New York

Der Mann, der bis vor kurzem selbst noch Präsident der USA werden wollte, steht verwirrt vor dem Mikrofon. Der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, gilt als exzellenter Redner, doch nun stammelt er vor sich hin, liest seine Notizen ab. Beinahe ohne jede Emotion und nach zwei Minuten kündigt der Republikaner dann den "nächsten Präsidenten der USA" an: Donald Trump.

Es ist ein grotesker Auftritt, der noch eine halbe Stunde andauern wird. Denn während Trump das Mikrofon übernimmt und in die Kameras spricht, steht Christie im Hintergrund. Genauso verloren wie seine Worte vorher, ist nun sein Blick durch den Raum. US-Medien sprachen im Anschluss von einer "Geiselnahme".

Erst kürzlich hatte Christie die amerikanischen Wähler aufgerufen, für den Milliardär Trump zu stimmen. Diese Entscheidung kam für viele überraschend. Der Gouverneur hatte zuvor argumentiert, dass ein Präsident Regierungserfahrung brauche und für mehr zuständig sei als für bloßes "Entertainment". Dies war vor allem gegen den jungen Marco Rubio gerichtet - aber eben auch ein Seitenhieb in Richtung Donald Trump. Das ist alles vergessen: Nun preist Christie dessen Führungsstärke und bezeichnet seine Fans als Teil einer Massenbewegung.

In seinem Bundessstaat New Jersey wurde ihm die Unterstützung von Trump übel genommen. Sechs Zeitungen, die allesamt zum Medienkonzern Gannett gehören, fordern Christie am Mittwoch zum Rücktritt auf. "Wir sind angeekelt", schrieb zum Beispiel die Asbury Park Press und merkt an, dass Christie ein Heuchler und Opportunist sei. (Die Kritik am Gouverneur geht über das Unterstützen von Donald Trump hinaus.) Wahlkampf-Empfehlungen sind in den USA taktische Manöver, für die später eine besondere Art von Gefallen (Geld, Ämter) verlangt werden können.

Auf einer Pressekonferenz am Montag weigerte sich Christie, Fragen von Journalisten zu beantworten, die er als nicht zum Thema gehörend empfand. Es ging um die Wahl eines Richters im Bundesstaat. Auf die Nachfrage eines Journalisten, warum keine Antworten kommen, erwiderte er: "Weil ich nicht will".

Anscheinend will Christie lieber hinter Trump stehen.

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