Super Tuesday:Tag der Vor-Vorentscheidung

Feb.19, 2020 - Las Vegas, Nevada, U.S. - From left, Democratic presidential candidates MICHAEL BLOOMBERG, ELIZABETH WAR

Sie trafen am 19. Februar in Las Vegas aufeinander - die demokratischen Präsidentschaftskanditaten Michael Bloomberg, Elisabeth Warren, Bernie Sanders und Joe Biden.

(Foto: imago images)

Am Super Tuesday wird quer durch die USA in vielen Staaten gewählt. Kein anderer Tag während der Vorwahlen ist so repräsentativ. Der Überblick in Grafiken.

Von Xaver Bitz, Thorsten Denkler, Christian Endt und Benedict Witzenberger

Das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten nähert sich seinem vielleicht wichtigsten Datum, dem Super Tuesday am 3. März. In 14 Bundesstaaten und dem Außengebiet Amerikanisch-Samoa werden an diesem Tag zugleich Vorwahlen abgehalten. Außerdem können Demokraten im Ausland abstimmen. Mit Kalifornien und Texas sind die beiden bevölkerungsreichsten Bundesstaaten der USA dabei. Allein an diesem Tag werden 1357 der insgesamt 3979 Delegiertenstimmen für den Parteitag der Demokraten im Sommer vergeben, ein gutes Drittel.

Dagegen erscheint die Zahl von 155 Delegierten, die in den bisherigen vier Vorwahlen in Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina vergeben wurden, geradezu mickrig. Die Bedeutung dieser Wahlen aber ist dennoch nicht zu unterschätzen. Fünf demokratische Bewerber haben seit Iowa das Handtuch geschmissen. Ein Favorit ist ins Straucheln geraten.

Das Feld ist bereits stark ausgedünnt vor diesem Super Tuesday. Seit Anfang 2019 haben 28 Demokraten kandidiert. Jetzt sind es noch fünf. Beste Chancen auf die Nominierung haben nach Stand der Dinge im Grunde nur noch zwei: Bernie Sanders und Joe Biden. Die Senatorin Elizabeth Warren ist nach der Vorwahl in South Carolina nur noch hoffnungsvolle Außenseiterin. Der Multimilliardär Michael Bloomberg tritt erst zum Super Tuesday an. Auch Tulsi Gabbard ist noch im Rennen, Kongressabgeordnete aus Hawaii. Sie hat allerdings bislang weder Delegierte für sich gewinnen können und in landesweiten Umfragen kommt sie nicht über ein Prozent Zustimmung.

Fünf Kandidaten mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen

In Iowa gewann Bernie Sanders immerhin den ersten Platz der Herzen, er konnte 6000 Stimmen mehr sammeln als der inzwischen ausgestiegene ehemalige Bürgermeister von South Bend, Indiana, Pete Buttigieg. In New Hampshire dann war sein Sieg solide, wenn auch nicht überragend. Ein anderes Bild bot sich dagegen in Nevada, wo er einen erdrutschartigen Sieg mit 46,8 Prozent der Stimmen erzielte. Kurz vor der zweiten Primary in New Hampshire löste Sanders zudem Biden als beliebtestem Kandidaten in den landesweiten Umfragen ab. In South Carolina hätte Sanders gerne gewonnen, musste sich aber mit fast 30 Prozentpunkten Abstand Joe Biden geschlagen geben. Ein Rückschlag.

Umgekehrt verlief das Rennen bisher für Joe Biden. Der frühere Vizepräsident unter Barack Obama ist der Lieblingskandidat des demokratischen Establishments. Über ein Jahr lang lag er in allen landesweiten Umfragen deutlich bis sehr deutlich vorne. In Iowa dann: Platz vier. New Hampshire: nur Platz fünf. Danach stürzte er in nationalen Umfragen dramatisch ab. Dort liegt er mit um die 17 Prozent nur knapp vor Multimilliardär Bloomberg. In Nevada sicherte er sich zwar Platz zwei hinter Sanders, allerdings deutlich dahinter. In South Carolina dann das erhoffte Comeback: Er knackte fast die 50-Prozent-Marke und lag 30 Prozentpunkte vor Sanders. Das ist ordentlich Schwung für den Super Tuesday und vielleicht die Rettung in letzter Minute. Mit dem Ausstieg von Buttigieg und der moderaten Senatorin Amy Klobuchar aus Minnesota dürften sich seine Chancen verbessert haben.

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Elizabeth Warren, Senatorin aus Massachusetts, hat dagegen bisher genauso abgeschnitten wie erwartet. Irgendwo im Mittelfeld. In Iowa holte sie noch den dritten Platz mit 20,2 Prozent. In New Hampshire war es dann der vierte Platz mit 9,2 Prozent. Was in etwa ihren landesweiten Umfrageergebnissen von im Mittel 11,7 Prozent entspricht. Für sie ist das zu wenig zum Überleben und zu viel zum Aufgeben. Dieses Schema setzte sich auch in Nevada fort, wo Warren 9,7 Prozent holte, Platz vier. Ein ähnliches Bild in South Carolina: Platz fünf mit etwa sieben Prozent. Sie und Sanders haben ein ähnliches Programm, Kernpunkt: eine Krankenversicherung für alle. Sanders aber verkörpert das Original. Und die Menschen sehen lieber das Original als Warren. Kurz: Sie bräuchte ein kleines Wunder, um nach dem Super Tuesday noch die Kraft zu haben, weiterzumachen.

Der Multimilliardär Michael Bloomberg tritt erst jetzt zum Super Tuesday in den Vorwahlen an. Der frühere Bürgermeister von New York investiert große Summen in TV- und Internetwerbung, um sich bekannt zu machen. Es sind bald 500 Millionen Dollar, mehr als Barack Obama für seine gesamte Wiederwahlkampagne 2012 ausgegeben hat. Das zeigt Wirkung. In nationalen Umfragen landet Bloomberg jetzt bei knapp über 15 Prozent, so gut wie gleichauf mit Biden. Tulsi Gabbard hingegen findet in Umfragen kaum noch statt. Viele fragen sich, warum sie überhaupt noch dabei ist.

Der aktuelle Stand der gewonnen Delegierten-Stimmen sieht vor dem Super Tuesday wie folgt aus:

Der Vergleich zum Super Tuesday 2016 offenbart, dass der diesjährige Super Tuesday sogar ein Super-Super-Tuesday ist. Diesmal ist nämlich Kalifornien neu dabei, wo 415 Delegierte eingesammelt werden können. Und North Carolina mit 122 Delegiertenstimmen. Georgia dagegen hat sich vom Super Tuesday verabschiedet.

Das sorgt insgesamt dafür, dass dieser Super Tuesday deulich besser als bisher die gesellschaftliche Realität der USA repräsentiert. 2016 etwa war die schwarze Bevölkerung am Super Tuesday überproportional vertreten. Für die Kandidaten heißt das: Wer diesen Super Tuesday nicht unter den Top drei oder vier landet, der kann sich nur wenig Hoffnung machen, dass er in den verbleibenden Rennen noch einen Überraschungscoup landet.

Unter den 14 Bundesstaaten, in denen am 3. März gewählt wird, lohnt sich auf drei ein genauerer Blick:

Kalifornien

Knapp 40 Millionen Menschen leben hier auf eine Fläche etwas größer als Deutschland. Der Bundesstaat ist für sich genommen die fünftgrößte Volkswirtschaft der Erde. Knapp ein Drittel der Einwohner sieht sich selbst als Hispanisch. Hier lebt in absoluten Zahlen die fünft-größte afroamerikanische Bevölkerung der USA. Und mit 5,5 Millionen Menschen sind ein Drittel aller US-Asiaten in Kalifornien zu Hause. Kalifornien kommt damit der demografischen Verteilung in den USA schon recht nahe. Vor allem aber: Hier sind 415 Delegiertenstimmen zu holen. Wie in fast allen Primaries der Demokraten muss ein Kandidaten mindestens 15 Prozent der Stimmen auf sich zu vereinen, um überhaupt ein Anrecht auf die Zuweisung von Delegiertenstimmen zu haben. Entweder auf der Ebene eines Kongress-Wahlbezirkes oder im ganzen Bundesstaat.

Bislang sehen die Umfragen Sanders mehr als deutlich über dieser Hürde. Für den Frontrunner der Demokraten könnte Kalifornien zu einem Meilenstein auf der Weg zur Kandidatur werden. Bei Joe Biden wird es schon knapp und für Michael Bloomberg könnte es trotz Millionenausgaben eine große Ernüchterung geben:

Texas

Einst eine Hochburg der Republikaner kommt der Bundesstaat im Süden langsam dem Status eines Swing State immer näher. 2016 hat Donald Trump Texas noch mit 53 Prozent gewonnen. Aber schon 2018 sah es so aus, als könnte der Demokrat Beto O'Rourke dem Republikaner Ted Cruz den Senatsposten wegnehmen. Er verpasste das Ziel um 2,6 Prozentpunkte, Cruz aber erreichte nur knapp über 50 Prozent der Stimmen. Die Demokraten feierten ihre Niederlage wie einen Sieg. In Umfragen führt Trump in Texas zwar gegenüber allen demokratischen Kandidaten. Aber eben nur mit höchstens 47 Prozent und nur zwei bis fünf Prozentpunkten Vorsprung. Das könnte machbar sein für einen demokratischen Herausforderer.

Hier geht es also um mehr als nur um die Nominierung des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers. Wer in Texas am 3. März die Vorwahl gewinnt und dann vielleicht sogar Präsidentschaftskandidat wird, könnte genug Schub haben, um den Bundesstaat bei der Wahl Anfang November für die Demokraten zu gewinnen. Gelingt das, wäre eine Abwahl Trumps deutlich wahrscheinlicher.

Knapp 29 Millionen Menschen leben in Texas, 261 Delegiertenstimmen sind zu vergeben, davon werden 228 auf der Grundlage der Vorwahlergebnisse verteilt. Der Rest geht an Parteikader, die sich den Kandidaten ihrer Wahl aussuchen dürfen. Auch in Texas gilt die 15-Prozent-Hürde. Wer darunter bleibt, bekommt nichts. Allerdings beschränkt sich die Hürde auf die 31 Senats-Stimmbezirke in Texas. Das macht die Auszählung kompliziert. In der Wahlnacht selbst wird wohl nicht klar werden, wer wie viele Delegierte gesammelt hat.

Auch hier liegt Sanders deutlich vorne: um die fünf Prozentpunkte vor Biden und mit fast doppelt so viel Zustimmung wie Bloomberg. Der wird zittern müssen, ob er über die 15-Prozent-Hürde kommt. Wer Texas nicht mit einer nennenswerten Zahl an Delegierten verlässt, dürfte kaum noch Chancen haben, die Vorwahlen zu gewinnen.

North Carolina

Mit knapp 10,5 Millionen Einwohnern ist der Bundestaat der drittgrößte, in dem an diesem Super Tuesday gewählt wird. 122 Delegiertenstimmen stehen auf dem Spiel, 110 davon werden nach Gewichtung der Wahlergebnisse verteilt. Zwölf Stimmen sind demokratischen Amtsträgern vorbehalten.

Es gilt wieder die 15-Prozent-Hürde. Wer darunter fällt, bekommt nichts. Nach seinem Erdrutschsieg in South Carolina hoffte Biden, den Schwung auch in den Norden mitnehmen zu können. Doch nach seinem schwachen Start in die Vorwahlen verlor er in dem Staat nicht nur seinen Vorsprung, sondern liegt derzeit auch grundsätzlich nur an Platz zwei. Für Bloomberg wird es auch hier eng, ob er überhaupt Delegierte bekommt.

Die genannten Staaten bilden mit 753 Delegierten mehr als die Hälfte aller am Super Tuesday gewinnbaren Stimmen ab. Doch es gibt noch einige Bundesstaaten mehr und mit Amerikanisch-Samoa und den Demokraten im Ausland zwei weitere Stimmkreise zu gewinnen. In der Tabelle sind nicht alle Staaten des Super Tuesday aufgeführt. Folgende Kandidaten sehen die Prognosen dort vorne:

Hinweis der Redaktion: Die spannenden Staaten des Super Tuesday werden relativ oft von verschiedenen Instituten befragt, andere sehr selten. Wir nutzen für diese Grafiken die Daten der amerikanischen Statistikseite FiveThirtyEight.com. Diese Seite bewertet die Umfrageinstitute nach ihrer Seriosität. Für unsere Darstellungen nutzen wir nur Institute mit der Note B (entspricht etwa einer Note 2) oder besser. Daher können in Einzelfällen Staaten nicht enthalten sein.

Eine Entscheidung gibt es vermutlich erst nach dem Super Tuesday

Das liegt auch daran, dass sich das sowieso schon kleiner gewordene Kandidatenfeld weiter verschlanken wird. Bewerber, deren Kampagne bislang schon eher unter ferner liefen zu verzeichnen waren, müssen sich fragen, ob sie diese noch weiter betreiben wollen. Tulsi Gabbard ist dafür eine wahrscheinliche Kandidatin. Möglich wäre aber auch, dass Elizabeth Warren ihre Kandidatur aufgibt und ihre Unterstützer auffordert, Bernie Sanders zu helfen.

Selbst wenn ein Kandidat einen Erdrutschsieg hinlegt, wird er weiterkämpfen müssen, um im Herbst gegen Donald Trump antreten zu können. Weder das Lager der moderaten (Biden/Bloomberg), noch das Lager der linken Kandidaten (Sanders/Warren) kann derzeit eine klare Mehrheit hinter sich versammeln.

Am 10. und am 17. März folgen noch zwei weitere Dienstage, an denen eine große Zahl von Delegierten zu gewinnen sind - einmal 352 und einmal 577 Stimmen.

Am 28. April schließlich gibt es das letzte große Paket aus sechs Bundesstaaten, die zusammen 659 Delegierte entsenden dürfen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich dann auch deutlich abzeichnen, ob es einem Kandidaten gelingen kann, eine Mehrheit der Delegiertenstimmen hinter sich zu versammeln. Sollte etwa Sanders nur eine einfache Mehrheit haben, kann es sein, dass am Parteitag im Juli mit Hilfe der Superdelegierten - größtenteils Parteifunktionäre und Amtsträger - doch Joe Biden die Nominierung gewinnt.

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