Süddeutsche Zeitung

Suizid von al-Bakr:"Nicht ausreichend vorbereitet"

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Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow gesteht Fehler im Fall al-Bakr ein. Der Terrorverdächtige hatte sich in seiner Zelle erhängt.

Der sächsische Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) hat nach dem Suizid des syrischen Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr Versäumnisse eingeräumt. "Wir alle müssen im Umgang mit islamistischen Strafgefangenen dazulernen", sagte Gemkow der Bild am Sonntag. "Offensichtlich reichen unsere herkömmlichen Instrumente und Erfahrungen zur sicheren Unterbringung von Gefangenen nicht aus." Vielleicht müsse auch in Betracht gezogen werden, dass ein Islamist seinen Selbstmord gezielt plane und umsetze, allein um den Behörden die Ermittlungen zu erschweren und um dem verhassten westlichen Rechtssystem zu schaden, sagte Gemkow. "Auf diesen Fall waren wir in Sachsen nicht ausreichend vorbereitet", gestand der CDU-Politiker ein.

Al-Bakr war bei einem Polizeieinsatz in Chemnitz knapp dem Zugriff der Beamten entkommen. In einer von ihm genutzten Wohnung wurden eineinhalb Kilogramm hochexplosiven Sprengstoffs gefunden. Mehrere Syrer, bei denen al-Bakr dann in Leipzig um einen Übernachtungsplatz gebeten hatte, überwältigten und fesselten den 22-Jährigen. Die Bundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass er im Auftrag der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) handelte. Es gebe bislang aber keine "ausreichenden gerichtsverwertbaren Bezüge zum IS", sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Am Mittwochabend erhängte sich al-Bakr nach Angaben der Behörden in der Justizvollzugsanstalt Leipzig mit seinem Hemd.

Zwei syrische Hinweisgeber stehen unter Polizeischutz

Zwei Hinweisgebern, die al-Bakrs Festnahme ermöglicht hatten, sei eine "sichere Unterkunft" zur Verfügung gestellt worden, teilte derweil das Landeskriminalamt Sachsen mit. Es werde auch eine Aufnahme in das Zeugenschutzprogramm geprüft. Darüber entscheide die Polizei in Abstimmung mit der Generalbundesanwaltschaft. Für die beiden Betroffenen sei in den vergangenen Tagen mit dem Bundeskriminalamt eine sogenannte Gefährdungsanalyse erstellt worden.

Terrorverdächtige sollten nach dem Willen der Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten in Niedersachsen zentral in Deutschland untergebracht werden. Der Vorsitzende Uwe Oelkers sagte im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung, reguläre Gefängnisse seien im Zweifelsfall nicht dafür geeignet.

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SZ vom 17.10.2016 / SZ
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