Südostasien:China-Woche in Pekings Hinterhof

(210112) -- NAY PYI TAW, Jan. 12, 2021 -- Chinese State Councilor and Foreign Minister Wang Yi (L) meets with Myanmar s

Chinas Außenminister Wang Yi mit dem Armeechef von Myanmar, Min Aung Hlaing. Das Land soll eine Gratislieferung Covid-Impfstoff bekommen.

(Foto: Zhang Dongqiang/imago images/Xinhua)

Außenminister Wang Yi tourt durch die Nachbarschaft: Rechtzeitig vor dem Amtsantritt von Joe Biden in Washington inszeniert sich die asiatische Großmacht als fürsorglicher Impfpate für die Bedürftigen.

Von Arne Perras, München

Präsident Joko Widodo saß zum Impfen auf dem Balkon, er war der erste Indonesier, der in seinem Land die Injektion bekam. Der Stoff stammte vom chinesischen Hersteller Sinovac, wozu es bestens passte, dass zur gleichen Zeit auch noch der Außenminister aus Peking, Wang Yi, angereist war. Nach einem Zufall sah das alles nicht aus, schon eher schien es so, als übe sich Peking in der Rolle eines fürsorglichen Impfpaten für alle Nachbarn, die unter der Corona-Pandemie leiden.

Es ist China-Woche in mehreren Hauptstädten Südostasiens. Chefdiplomat Wang tourt seit Montag durch vier Länder: Myanmar, Indonesien, Brunei und zum Abschluss die Philippinen. Schon beim Besuch in Naypyidaw war zu beobachten, wie chinesische Diplomatie und Impfpolitik eng ineinandergreifen. Der Außenminister brachte als Gastgeschenk die Ankündigung mit, dass es eine Gratislieferung von Sinovac für das arme Myanmar geben würde, das mit steigenden Infektionszahlen kämpft.

Mit politischem Störfeuer aus Washington braucht Peking in diesen Tagen nicht zu rechnen, nach dem Sturm aufs Kapitol in Washington ist die Weltmacht auf der anderen Seite des Pazifiks mit sich selbst beschäftigt. Das öffnet Räume für die chinesische Nachbarschaftspflege.

Dass Asiens Staaten die Pandemie generell gut im Griff hätten, lässt sich kaum noch behaupten

Dass Asiens Staaten die Pandemie generell gut im Griff hätten, lässt sich kaum noch behaupten, nachdem die Zahlen in Myanmar und Malaysia in die Höhe schnellen. Auch Indonesiens Umgang mit dem Virus ist gekennzeichnet von Wankelmut, Zögerlichkeit und immer wieder aufflackernder Inkompetenz. China bietet sich in diesen schweren Zeiten als finanzkräftiger Unterstützer an.

Auch wenn das Timing günstig erscheint, so sind diese diplomatischen Vorstöße aus Peking doch auch etwas mühsam. Das hat nicht alleine damit zu tun, dass China als Ursprungsland des Virus gilt, was unterschwellig überall im Bewusstsein bleibt. Im Hinterhof der asiatischen Großmacht haben sich auch Spannungen aufgebaut, die antichinesische Reflexe begünstigen.

In Myanmar etwa wachsen Befürchtungen, dass China seinen Einfluss wieder so stark ausbauen könnte wie zu Zeiten der Junta, als der Westen das Regime isoliert hatte und nur noch Peking als Helfer übrig geblieben war. Überall dort, wo China als übermächtiger Pate auftritt, wächst Furcht in der einheimischen Bevölkerung, dass sie Nachteile davontragen könnten oder nicht zu jenen zählen könnten, die profitieren. Geplante Großprojekte, wie etwa der umstrittene Myitsone-Staudamm in Myanmar, stürzen die dortige Regierung in eine Zwangslage. Sie ist mit lokalem Widerstand konfrontiert, bekommt aber auch Druck aus Peking, den vorübergehend gestoppten Bau bald wieder zuzulassen.

In Indonesien muss China besonders vorsichtig taktieren, um nicht rassistische Ressentiments gegen die chinesischstämmige Minderheit zu schüren. Diese schlugen in Krisenzeiten immer wieder in Gewalt um, ethnische Chinesen dienen als Sündenböcke in Zeiten politischen Versagens. Präsident Widodo ist nun im Dilemma. Er braucht chinesische Investitionen, doch schürt er damit auch Misstrauen in der Mehrheit, was seinen politischen Gegnern in die Hände spielt.

Der Präsident in Manila öffnet schon mal weit die Arme

Die Konflikte um territoriale Ansprüche im Südchinesischen Meer komplizieren Pekings Beziehungen zu Brunei und den Philippinen, zwei weiteren Stationen auf Wangs Reise. Doch zumindest der Präsident in Manila öffnet schon mal weit die Arme. Rodrigo Duterte war bemüht, Chinas Impfstoff, der laut indonesischen Tests einen Wirkungsgrad von 65 Prozent aufweisen soll, gegen Zweifler zu verteidigen: "Die Chinesen sind klug", schmeichelte Duterte, was sie produzierten, sei ebenso gut wie Stoffe der Europäer oder Amerikaner, außerdem würde Peking sich nie in etwas stürzen, was unsicher sei, "das ist garantiert", behauptete der Philippiner.

Erst wenige Tage zuvor war herausgekommen, dass Duterte seine Leibwächter mit einem eingeschleusten chinesischen Impfstoff immunisieren ließ, als es dafür noch gar keine Zulassung auf den Philippinen gab. Duterte störte das nicht, er tut viel, um näher an Peking heranzurücken, was der neuen Regierung von Joe Biden in Washington noch zu schaffen machen dürfte, wenn sie verlorenen Boden in Manila wieder gutmachen will.

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