Kaukasus:Südossetien stimmt doch nicht über Beitritt zu Russland ab

Der frühere Präsident der Region Südossetien, hier Anfang Mai bei der Machtübergabe an seinen Nachfolger, hatte das Referendum für den Beitritt zu Russland vorangetrieben.

Der bisherige "Präsident" Südossetiens, hier bei der Machtübergabe an seinen Nachfolger, hatte das Referendum vorangetrieben.

(Foto: Valery Sharifulin/Imago/Itar-Tass)

In der von Georgien abtrünnigen Region war ein entsprechendes Referendum bereits angesetzt. Doch die Regierung in Moskau stellt sich quer.

Eineinhalbmal so groß wie das Saarland, etwa 3800 Quadratkilometer, ist Südossetien. Die Region ist sehr dünn besiedelt, nur etwa 50 000 Menschen leben dort, aber wegen des Krieges in der Ukraine rückt das kleine Territorium in der Kaukasusregion in den Fokus der Weltöffentlichkeit.

1990/92 hatte sich Südossetien nach einem blutigen Bürgerkrieg von der Regierung in Tiflis abgespalten, seitdem gehört es völkerrechtlich zwar noch immer zu Georgien, ist aber de facto unabhängig davon, auch wenn diese Unabhängigkeit politisch, finanziell, wirtschaftlich und militärisch wiederum stark von Russland abhängt. 2008 gab es noch einmal einen Krieg, diesmal zwischen Russland und Georgien. An dessen Ende erkannte Russland die Unabhängigkeit Südossetiens sowie der am Schwarzen Meer gelegenen, völkerrechtlich ebenfalls zu Georgien gehörenden Region Abchasien an.

Durch die Art, wie der russische Präsident Wladimir Putin den Angriff auf der Ukraine begründet, wurde die Aufmerksamkeit auch wieder auf die Lage in Südossetien gelenkt: Russland hatte wenige Tage zuvor die beiden selbsternannten "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk anerkannt und dann erklärt, sie bedürften angeblich des Schutzes des russischen Militärs.

Vor diesem weltpolitischen Hintergrund war die Entscheidung des in Südossetien bis Anfang Mai herrschenden Anführers Anatoli Bibilow zu sehen, ein Referendum über den Beitritt Südossetiens zu Russland abzuhalten. Nun ist dieses Referendum vorläufig abgesagt worden. In einem am Montagabend veröffentlichten Dekret wurde die Absage begründet mit der "Unzulässigkeit einer einseitigen Entscheidung über ein Referendum zu Fragen, die auch die legitimen Rechte und Interessen der Russischen Föderation betreffen".

Hinter der umständlichen Formulierung verbirgt sich die Tatsache, dass ein solches Referendum von Moskau nicht gewünscht ist. Mehrfach hatten sich russische Politiker und Diplomaten zurückhaltend bis skeptisch über einen Beitritt der Kaukasusregion geäußert. Bibilow hatte das Referendum geplant, um seine Wiederwahl zu sichern. Doch bei der international nicht anerkannten Präsidentenwahl setzte sich schließlich sein Gegner Alan Gaglojew durch. Dieser bezeichnet die Initiative als verfrüht, obwohl er grundsätzlich einen Russland-Beitritt begrüßt. Nun will er sich mit Moskau über die weiteren Schritte einer Integration abstimmen und in Kürze zu Konsultationen in die russische Hauptstadt fliegen. Bis dahin sei das Dekret seines Vorgängers gestoppt, heißt es.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusRusslands Verbündete
:Wer noch zu Putin hält - und warum

Der Westen verurteilt den russischen Angriffskrieg, doch überall sonst auf der Welt hat Moskau noch Verbündete. Wer sie sind und wie sie sich positionieren.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: