Der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol hat am Donnerstag in einer Fernsehansprache seine politischen Gegner als „staatsfeindliche Kräfte“ bezeichnet und die kurzzeitige Verhängung des Kriegsrechts als legale Maßnahme zum Schutz der Demokratie verteidigt. „Ich werde bis zum Ende kämpfen“, sagte er am Ende einer langen Ansprache, die im Fernsehen übertragen wurde.
Yoon sagte, die Nationale Wahlkommission des Landes sei im vergangenen Jahr von Nordkorea gehackt worden, aber die unabhängige Behörde habe sich geweigert, bei einer Untersuchung und Überprüfung ihres Systems zum Schutz der Integrität mitzuwirken. Diese Weigerung habe ausgereicht, um die Integrität der Wahlen im April 2024 in Frage zu stellen, deshalb habe er das Kriegsrecht verhängt. Gegen Yoon laufen seither strafrechtliche Ermittlungen wegen des Vorwurfs des Aufruhrs.
Der Chef der Regierungspartei unterstützt die Amtsenthebung von Yoon nun doch
Unmittelbar vor Yoons Ansprache hatte der Vorsitzende der Regierungspartei seine Unterstützung für ein zweites Amtsenthebungsverfahren erklärt – und damit seine bisherige Position geändert. „Wir müssen weitere Verwirrung verhindern. Es gibt nur noch eine wirksame Methode“, wurde Han Dong-hoon von der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap zitiert. Han begründete seine Meinungsänderung damit, dass das Staatsoberhaupt Yoon entgegen seiner vorherigen Versprechen keine Bereitschaft zeige, das Präsidentenamt vorzeitig abzugeben.
Am Samstagabend scheiterte ein erster Antrag der Opposition für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten im Parlament, nachdem die Regierungspartei die Abstimmung nahezu geschlossen boykottiert hatte. Nun möchte die Opposition am kommenden Samstag einen zweiten Amtsenthebungsantrag zur Abstimmung ins Plenum bringen. Damit sie Erfolg hat, braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Regierungspartei-Chef Han fordert deshalb: „Unsere Partei muss eine Amtsenthebung als Parteilinie unterstützen.“
Zuletzt stießen die Ermittlungen, die wegen des zwischenzeitlich angeordneten Kriegsrechts aufgenommen wurden, auf Widerstand. Entgegen ursprünglichen Angaben konnte die Polizei das Präsidialamt am Mittwoch nicht durchsuchen, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap. Die Polizei weitete ihre Ermittlungen gegen führende Mitglieder des Sicherheitsapparates aus. Am Mittwoch wurde mit dem nationalen Polizeichef Cho Ji-ho ein weiterer Spitzenbeamter verhaftet. Unklar blieb zunächst, wer die präsidialen Aufgaben in Südkorea übernehmen soll. Das Staatsoberhaupt darf das Land nicht verlassen, aber bislang wurde er weder inhaftiert noch befragt. Der Leiter der südkoreanischen Antikorruptionsbehörde CIO, Oh Dong-woon, erklärte, er sei bereit, Yoon bei Bedarf festzunehmen.