Südkoreas Parlament hat für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Yoon Suk-yeol gestimmt. 204 der 300 Abgeordneten stimmte für den Antrag der Opposition. Auch Mitglieder der Regierungspartei PPP sprachen sich dafür aus, den Präsidenten abzusetzen, der mit seiner kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts in der vergangenen Woche eine Staatskrise ausgelöst hatte. Übergangsweise wird nun Ministerpräsident Han Duck-soo die präsidialen Amtsgeschäfte übernehmen, ehe das Verfassungsgericht die finale Entscheidung trifft. Es kann eine Amtsenthebung von Yoon entweder bestätigen oder für verfassungswidrig erklären.
Yoon musste sich binnen weniger Tage zum zweiten Mal einem Amtsenthebungsverfahren stellen. Ein erster Antrag war vergangenen Samstag nach einem nahezu geschlossenen Boykott der Regierungspartei am Quorum gescheitert. Die notwendige Zweidrittelmehrheit wurde nicht erreicht.
Dieses Mal galten die Chancen als höher, weil neben den 192 Abgeordneten der Oppositionsparteien auch sieben Mitglieder der Regierungspartei dem Antrag zustimmen wollten. Mindestens acht Mitglieder der regierenden PPP wären nötig, um auf die benötigten 200 von insgesamt 300 Stimmen zu kommen. Auch der Vorsitzende der Regierungspartei Han Dong Hoon hatte am Donnerstag offen seine Unterstützung für das Vorhaben erklärt. Während der Sitzung des Parlaments versammelten sich Tausende Demonstranten auf den Straßen von Seoul.
Die Demokratische Partei (DP) als größte Oppositionskraft forderte Yoon zum Rücktritt auf, nachdem er am Dienstag vergangener Woche völlig überraschend das Kriegsrecht verhängte und Stunden später nach massivem Widerstand wieder aufgehoben hatte. Das Parlament stimmte für eine Aufhebung des Kriegsrechts. Nicht nur die oppositionelle DP, die im Parlament über die Mehrheit verfügt, sprach sich dafür aus, sondern auch Yoons eigene Partei, die konservative Volksmacht-Partei (PPP). Es war das erste Mal seit 1980, dass in Südkorea das Kriegsrecht verhängt wurde. Infolge des Schritts waren kurzzeitig sämtliche politischen Aktivitäten verboten.
Am Donnerstag verteidigte Yoon seine Entscheidung während einer kurzfristig einberufenen Fernsehansprache. Er habe das Kriegsrecht zum Schutz der Nation ausgerufen, sagte der Präsident. Seine politischen Gegner seien „staatsfeindliche Kräfte“, welche die Regierungsarbeit lähmen und die verfassungsmäßige Ordnung des Landes stören würden.