Südkorea:Der begnadigte Diktator

Südkorea: Buddhistische Mönche am Gedenkschrein mit dem Bild des früheren Diktators Chun Doo Hwan in Seoul.

Buddhistische Mönche am Gedenkschrein mit dem Bild des früheren Diktators Chun Doo Hwan in Seoul.

(Foto: -/AFP)

Ex-Präsident Chun Doo Hwan ist gestorben. Er regierte mit Hilfe des Militärs in den achtziger Jahren und galt als Symbolgestalt der Unterdrückung.

Der frühere südkoreanische Präsident Chun Doo Hwan, der sein Land in den 1980er Jahren mit eiserner Faust regierte, ist tot. Der Ex-General wurde 90 Jahre alt. Chun starb am Dienstag in seinem Haus in Seoul, wie ein Sprecher der Polizei bestätigte. Er starb nur vier Wochen nach dem Tod seines Nachfolgers im Präsidentenamt (1988 bis 1993) und früheren Kommilitonen an der Militärakademie, Roh Tae Woo. Chun litt nach Berichten südkoreanischer Sender unter anderem an einer Krebserkrankung.

Das Präsidialamt äußerte Mitgefühl für die Familie Chuns, betonte aber, keine Blumen schicken oder einen Kondolenzbesuch machen zu wollen. Es sei bedauerlich, dass sich Chun bis zu seinem Tod geweigert habe, die "historische Wahrheit" ans Licht zu bringen, sagte eine Sprecherin. Chun steht wie sein Vorgänger Park Chung Hee für die militärische Herrschaft in Südkorea. Mit der Hilfe des Militärs setzte er einen autoritären Kurs während seiner Präsidentschaft zwischen 1980 und 1988 durch. Als Staatsmann galt er deshalb in weiten Teilen der Bevölkerung als "Symbolgestalt der Unterdrückung".

Erst nach langem Zögern stimmte er einer Verfassungsänderung und einer Direktwahl des Präsidenten zu. Im Bereich der Wirtschaft konnte er mit einer verordneten Stabilisierungspolitik dem Land zu großem Wachstum verhelfen. Später holte Chun die Geschichte ein: Im "Jahrhundertprozess" gegen ihn und Roh verurteilte ein Gericht Chun im August 1996 wegen Hochverrats und Meuterei zum Tod. Chun wurde wegen seiner Beteiligung am Militärputsch 1979, seiner Rolle bei der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung in Gwangju und der Annahme von Schmiergeldern für schuldig gesprochen.

Er war schon zum Tode verurteilt. Daraus wurde lebenslang und dann Begnadigung

Chun gilt bis heute als Hauptverantwortlicher für das Massaker von Gwangju 1980. Offizielle Stellen sprachen von 200 Toten, doch Menschenrechtsorganisationen gingen von mehr als 2000 Opfern aus. Später bestritt Chun, einen Schießbefehl erteilt zu haben. Gegen Chun wurde zudem eine Geldstrafe von mehr als 220 Billionen Won (damals umgerechnet etwa 436 Millionen DM) verhängt. Im Berufungsverfahren wurde die Todesstrafe knapp vier Monate später in lebenslange Haft umgewandelt. Ende 1997 wurden Chun und Roh begnadigt.

1961 hatte sich Chun beteiligte am Staatsstreich des späteren Diktators Park Chung Hee. Nach Parks Ermordung 1979 stieg der Vietnam-Veteran und zum General beförderte Chun zum "starken Mann" in der Politik Südkoreas auf. Während einer Phase innenpolitischer Unruhe erweiterte Chun den Ausnahmezustand und ließ zahlreiche Oppositionelle einsperren. Im August 1980 wurde er von einer "Nationalkonferenz" zum Präsidenten ernannt. Chuns letzter Wunsch sei es gewesen, dass seine Asche "auf einer Anhöhe an der Frontlinie zu Nordkorea" begraben werde, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf einen ehemaligen Helfer des früheren Staatsoberhaupts.

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