Südkorea:Ein Urteil spaltet das Land

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Lee Jae-yong verlässt nach dem Urteilsspruch den Gerichtssaal. (Foto: Pool/Reuters)

Der Vize-Chef des Großkonzerns Samsung soll für fünf Jahre ins Gefängnis.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Fünf Jahre Gefängnis, dazu verurteilte das Bezirksgericht Seoul Mitte am Freitag den Vize-Chef von Samsung. Lee Jae-yong wurde schuldig gesprochen der Bestechung, der Unterschlagung, schwarzer Kassen im Ausland und des Meineids. Zwei weitere Samsung-Manager müssen vier Jahre ins Gefängnis. Lee wies jede Schuld von sich. Es wird erwartet, dass er in die Berufung geht. Aber das Gericht hält es für erwiesen, dass der 49-Jährige Südkoreas inzwischen geschassten Präsidentin Park Geun-hye mit umgerechnet 5,4 Millionen Euro bestochen hat.

Das Geld ging an Parks Freundin Choi Soon-sil, die so das Reittraining ihrer Tochter finanzierte, ihr ein Dressurpferd kaufte und ein Hotel in der Eifel. Lee habe dafür erwartet, so die Richter, dass Park ihm helfe, sich die Kontrolle über das Samsung-Konglomerat von 60 Tochterfirmen zu sichern. Allerdings sei nicht er auf die Präsidentin zugegangen, vielmehr habe er ihren Bitten nachgegeben. Damit deutete das Gericht an, dass Park, deren Urteil im Oktober erwartet wird, mit einer hohen Strafe rechnen muss.

"Die Krux des Falles ist die Kollusion zwischen der politischen Macht und jener des Kapitals", so das Urteil. Es sei schwer zu akzeptieren, dass solche "heimlichen Absprachen zwischen dem Staatspräsidium und einem großen Konglomerat nicht nur in der Vergangenheit stattfanden, sondern auch in der Gegenwart".

Das Urteil spaltet Südkorea. Viele Liberale begrüßen es als Zäsur. Bisher haben sich die "Chaebol", wie die Familienkonzerne genannt werden, oft verhalten, als stünden sie über dem Gesetz. So war es während der Militärdiktatur tatsächlich, Hauptsache, sie lieferten Wachstum. Aber Südkorea ist heute ein Rechtsstaat und eine Demokratie. Dazu hat das Gericht an Lee, der freilich eher naiv in die Affäre schlitterte, nun ein Exempel statuiert. Die vorige Generation der Chaebol-Bosse, auch Lees Vater, haben ein Vielfaches der jetzigen Summen verschoben und zur Bestechung genutzt. Doch saß Vater Lee nie in einer Zelle.

Vor neun Jahren wurde er im selben Gerichtssaal zu drei Jahren auf Bewährung verurteilt - und ignorierte es einfach. Wenige Monate später begnadigte ihn der damalige Präsident Lee Myung-bak.

Wirtschaftskreise befürchten Folgen des Urteils. Samsung generiert ein Viertel von Südkoreas Wirtschaftsleistung. Seit Lee im Februar in Untersuchungshaft kam, ist Samsung führungslos, Vater Lee liegt seit drei Jahren im Koma. Andererseits hat der Sohn begonnen, die Hierarchien zu verflachen, mehr Transparenz zuzulassen und manche Firmenzweige abzustoßen. Diese Reformen sind nun gestoppt. Das Unternehmen wird nicht fünf Jahre auf seinen Erbprinz warten können.

© SZ vom 26.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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