Südkorea:Aus dem Sattel

Choi Soon-sil

Choi Soon-sil, Tochter von Choi Soon-sil, einer Schlüsselfigur des Korruptionsskandals um Südkoreas Staatsspräsidentin Park Geun-hye.

(Foto: Chung Sung-Jun)

Dänemark hat die größte Nutznießerin des südkoreanischen Korruptionsskandals ausgeliefert. Nun droht ihr die Untersuchungshaft.

Von Christoph Neidhardt, Tokio

Fünf Monate saß sie in Auslieferungshaft in Dänemark. Dann holten südkoreanischen Polizisten sie ab, sie nahmen die junge Frau, von Beruf Dressurreiterin, noch im Flugzeug nach Seoul fest. Am Freitag wurde Chung Yoo-ra dem Bezirksgericht Seoul-Mitte vorgeführt. Die 21-Jährige ist Tochter von Choi Soon-sil, einer Schlüsselfigur des Korruptionsskandals, der zum Sturz von Südkoreas Staatspräsidentin Park Geun-hye führte. Und Chung ist größte Nutznießerin dieses Korruptionssystems. Das Gericht in Seoul muss entscheiden, ob sie bis zu einer möglichen Anklage in Untersuchungshaft bleibt. Ihre Mutter, Ex-Präsidentin Park, der Vize-Chef des Samsung-Konzerns, Lee Jae-yong, und mehrere Beamte sitzen im Gefängnis, ihre Strafprozesse sind bereits angelaufen.

Mit den über Ex-Präsidentin Park ergatterten Millionen von Samsung kaufte Choi ihrer Tochter Chung nicht nur ein Dressurpferd, sondern auch ein Hotel in Schmitten-Arnoldshain im Taunus, wo sie trainierte. Chung hat Korea schon bei den Asienspielen 2014 vertreten. Ihre Mutter und Park mischten sich in ihre Wettkämpfe ein. Als sie im April 2013 nur Zweite wurde, protestierten sie. Der Reitverband wies das ab. Da forderte die Präsidentin vom Kabinett eine Untersuchung. Als das nichts brachte, setzte sie durch, dass Sportfunktionäre entlassen wurden und Beamte kündigten.

Bei ihrer Ankunft in Handschellen beschwerte sich Chung am Flughafen: Ihre Verhaftung sei "unfair, ich werde fälschlicherweise beschuldigt". Sie habe keine Ahnung, was ihre Mutter und Park getrieben hätten. Sie akzeptiere nur, dass die angesehene Ewha-Frauen-Uni ihren Studienplatz strich. Den hatte ihre Mutter für sie erschlichen und Professoren unter Druck gesetzt, sie gut zu benoten, obwohl sie keine Vorlesung besucht hatte. "Ich weiß nicht einmal, welche Fächer ich eigentlich studiert hätte", sagte Chung.

Die alte Elite und ihre Kinder fühlen sich über dem Gesetz

Ahnungslos wie Chung gibt sich auch die geschasste Staatspräsidentin vor Gericht. Ihr Prozess begann im Mai. Sie äußert nur Unschuldsversicherungen und Beschwerden, man behandle sie unfair. Neulich schlief sie, als Zeugen aussagten. Die 65-Jährige, die im Blauen Haus, dem Präsidentensitz, als Tochter des Diktators Park Chung-hee aufwuchs, verstand ihre Wahl 2012 als naturgegebene Rückkehr. Stets distanzierte sie sich nur halbherzig von der Diktatur. Die Arroganz, mit der sie den rechtsstaatlichen Prozess ignoriert, der zu ihrem Sturz führte, verrät das Fehlen jeden Unrechtsbewusstseins. Offenbar glaubt sie, mit der Elite von damals, zu der auch die Inhaber der "Chaebols" gehören, der großen Familienkonzerne, über dem Gesetz zu stehen.

Erst recht kein Unrechtsbewusstsein zeigen die "Jungen mit den goldenen Löffeln", wie die nächste Generation dieser Elite genannt wird. Die Freundschaft ihrer Mutter mit Park gab auch Chung einen "goldenen Löffel". Womöglich wäre der Skandal nie aufgeflogen, hätte sie ihre illegitimen Privilegien weniger dreist eingefordert. In sozialen Medien schrieb sie etwa: "Geld ist eine Art Fähigkeit. Wenn ihr arm seid, liegt das an euren Eltern." So provozierte sie Proteste von Ehwa-Studentinnen gegen ihre Vorzugsbehandlung - das erst hatte die Aufklärung des Skandals ins Rollen gebracht.

Viele junge Südkoreaner machen sich nun in sozialen Medien Luft über die Jungen mit goldenen Löffeln. Chung bekommt ihre Häme zurück: Einer schrieb: "Wenn du ins Gefängnis musst, liegt das auch an den Fähigkeiten deiner Eltern."

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