Südkorea:Aufräumen und Balance-Halten

Choi Soon-sil arrives at a court in Seoul

Harte Strafen für Korruption: Choi Soon-sil, Freundin von Ex-Päsidentin Park, erhielt drei Jahre Haft.

(Foto: Reuters)

Das Land sucht nach den Korruptionsskandalen intern eine Erneuerung. International muss es auf alte Gleichgewichte setzen.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Choi Soon-sil, die Freundin der abgesetzten Präsidentin Südkoreas Park Geun-hye, muss wegen Korruption für drei Jahre ins Gefängnis. Damit ist der erste einer Reihe von Prozessen abgeschlossen, mit denen Südkoreas Gerichte den staatserschütternden Korruptionsskandal um Park, Choi, Samsung-Vize Lee Jae-yong, zwei frühere Kultur- und einen Gesundheitsminister und mehrere Beamte aufarbeiten. Das Bezirksgericht Seoul Mitte verurteilte Choi am Freitag, es war ihr 61. Geburtstag, wegen Bestechung der Rektorin und eines Professors der Ewha-Universität. Sie habe ihre Nähe zu Park ausgenutzt, um ihrer Tochter einen Studienplatz und gute Zensuren für Arbeiten zu sichern, die diese gar nie verfasste. Die Hochschullehrer wurden zu zwei und anderthalb Jahren verurteilt, weil sie Chois Druck nachgegeben hätten. Über Chois Einmischung in Parks Regierungsgeschäfte und die Millionen Euro, die sie mit Park südkoreanischen Konzernen, allen voran Samsung, abgepresst haben soll, wird in einem weiteren Prozess befunden.

Seoul will die Führungsrolle in der Nordkorea-Politik. Die USA erfreut das nicht

Während die Justiz also die wuchernde Korruption um Park aufrollt, versucht ihr Nachfolger Präsident Moon Jae-in das Land zu erneuern. Bisher weiß er die Mehrheit der Südkoreaner hinter sich, besonders wegen seiner Initiativen gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Nach der jüngsten Umfrage sind 79 Prozent der Koreaner mit ihm zufrieden. Kein Vorgänger erfreute sich einer solcher Akzeptanz. Allerdings legt ihm die alte Garde im Parlament Steine in den Weg. In seiner eigenen Partei ist ein hässlicher Streit im Gang zwischen radikalisierten Anhängern des früheren Präsidenten Roh Moo-hyun, dessen Stabschef Moon war, und Moons Leuten. Obwohl Moon mit seiner Bescheidenheit einen für koreanische Präsidenten neuen Stil vorlebt, werfen ihm die Roh-Anhänger vor, seine Leute gebärdeten sich bereits als neu-alte Elite.

Roh Moo-hyun, er amtierte 2003 bis 2008, war ein Visionär, der Südkorea zur Mitte eines neuen Nordostasiens machen und mit der "Sonnenschein-Politik" Nordkoreas Vertrauen gewinnen und seine Öffnung erreichen wollte. Praktiker und Realpolitiker war er nicht. Moon sucht dieses Erbe nun wiederzubeleben, allerdings als Pragmatiker.

Er hat Nordkorea den Dialog angeboten, falls es seine Atom- und Raketenversuche einstelle. Andererseits reklamiert Moon die Führungsrolle in der Nordkorea-Politik für Seoul. Das kommt in Washington nicht gut an, obwohl er sich gleichzeitig - anders als Roh - zur Militärallianz mit den USA bekannt hat. Mit China sucht er den Kompromiss zur Stationierung eines amerikanischen Raketenabwehrsystems, das er selber kritisiert hat. Sein Berater Moon Chung-in hat diese Woche in Washington bereits Staub aufgewirbelt mit dem Vorschlag, Seoul und Washington sollten ihre alljährlichen Frühjahrsmanöver verkleinern.

Die "Moonshine-Politik", wie seine Nordkorea-Initiative nun genannt wird, kann ohnehin nicht zur Sonnenschein-Politik zurück. Park, ihr Vorgänger Lee Myung-bak und vor allem US-Präsident Barack Obama übten sich Pjöngjang gegenüber acht Jahre in "strategischer Geduld", wie sie ihr Nichtstun nannten. Sie hofften auf den Kollaps des Regimes in Nordkorea. Das wurde derweil selbstbewusster. Jungdiktator Kim Jong-un denkt gar nicht daran, das Atomprogramm aufzugeben.

Südkoreas Interessenslage ist nicht einfach: Von den USA will es militärischen Schutz, China garantiert als wichtigster Handelspartner Wohlstand. Ob Moon das heikle, asymmetrische Gleichgewicht zwischen Washington, Peking und Pjöngjang zu halten weiß, kann sich schon nächste Woche zeigen, wenn er seinen Antrittsbesuch in Washington macht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: